Auktionshaus

Auktion: Evening Sale - Zeitgenössische Kunst

27. November 2023, 19:00 Uhr

0042

Maria Lassnig*

(Kappel am Krappfeld/Kärnten 1919 - 2014 Wien)

„Zornbild - Süsse Wiener Herzerln“
1984
Öl auf Leinwand; gerahmt
204,5 x 134,5 cm
Signiert, bezeichnet und datiert rechts unten: MLassnig, Zornbild 84, Süsse Wiener Herzerln

Provenienz

direkt von der Künstlerin erworben;
seit 1997 Privatbesitz, Wien

Schätzpreis: € 500.000 - 1.000.000
Auktion ist beendet.

Die Künstlerin – gut erkennbar an der typischen Kopfform mit den hohen Backenknochen – wird von zwei Männern attackiert. Der eine grapscht zähnefletschend nach ihr, der andere – ein gepanzerter Roboter oder Krieger – stochert wie ein Teufelchen mit seiner Mistgabel in ihrem Kopf herum und langt ihr zugleich tief in den Rachen. Immerhin wehrt sich die Angegriffene und beißt zu – ein Zornbild, wie der Titel verrät. Die Gefühlswallung gilt den intriganten Süssen Wiener Herzerln, wie oft bei Lassnig bildlich umgesetzt in kräftigen Rosa- und Orangetönen vor türkisem Hintergrund und mit dem ihr eigenen schwarzen Humor: Die Männer haben Herz-Hinterteile, die Künstlerin selbst ein herzförmiges Becken – interessant, dass sie sich selbstkritisch unter die Wiener Herzerln einreiht.

Zu den Schlangengruben, unter denen Lassnig besonders leidet, gehören der Kunstmarkt und das Konkurrenzverhältnis in der Kunstszene. Die Angewandte, an der sie von 1980 bis 1989 eine Professur innehat, erlebt sie als Macho-Welt voller Platzhirsche. Und so sehr sie ihre Studierenden liebt, so anstrengend ist ihr das Unterrichten und der damit einhergehende Sprechzwang – so der Titel eines weiteren Werks aus jenen Jahren. Wie dort verbildlicht sie auch hier eine belastende Situation als körperliche Erfahrung: Man bedrängt sie, greift auf ihr Denken zu und versucht ihr Worte aus dem Leib zu reißen. Ganz unabhängig vom biografischen Hintergrund veranschaulicht das Gemälde einen Zirkel der Gewalt. „Gewaltsamkeit“ war übrigens ursprünglich Teil des Titels, heute nur mehr blass sichtbar und durchgestrichen.

(Natalie Lettner)