Auktionshaus

Auktion: Evening Sale - Zeitgenössische Kunst

27. November 2023, 19:00 Uhr

0040

Rudolf Hausner*

(Wien 1914 - 1995 Wien)

„Adam, der ungeliebte Sohn - eine Allégorie réelle“
1979-84
Novopanplatte mit Papier beklebt, Acryl, Harzöllasuren; gerahmt
230 x 260 cm
Signiert und datiert links unten: R. Hausner 1979-84

Provenienz

1985 direkt vom Künstler erhalten;
seither österreichischer Privatbesitz

Ausstellung

1984 erstmalige Präsentation des Bildes im Marmorsaal des Oberen Belvedere, Österreichische Galerie Belvedere, Wien;
April 1986 – Juni 1987, Dauerleihgabe Österreichische Galerie Belverdere, Wien;
Juli –August 1987, Hausner-Festwochenausstellung im Musikpavillon des Mirabellgartens, Salzburg;
September – Dezember 1987, Europalia-Ausstellung, Brüssel;
November 1989 – Jänner 1990, „Rudolf Hausner. Dem Andenken Sigmund Freuds“, Österreichische Galerie Belvedere, Wien. Anläßlich des 75. Geburtstags von Rudolf Hausner;
Mai – Juli 1990, „DIE PHANTASTEN“ Retrospektive der Wiener Schule des Phantastischen Realismus mit Werken von Brauer, Fuchs, Hausner, Hutter, Lehmden. Künstlerhaus, Wien; März – Mai 1991, Museum der bildenden Künste, Leipzig;
Dezember 1994 – Februar 1995, Museum der Stadt Wien, anläßlich des 80. Geburtstags von Rudolf Hausner.

Literatur

Hans Holländer, Edition Volker Huber (Hg.), Hausner. Offenbach am Main 1985, Abb. S 219-225, S. 270, Nr. 119;
Walter Schurian (Hg.) „Ich, Adam“, Rudolf Hausner. München 1987, Abb. S. 110, S. 134-135; Text von Rudolf Hausner S. 133 – 136; Werkmonographie von Walter Schurian S. 141-145;
Christine Donath (Hg.) „Rudolf Hausner“ Hubert Adolph, Otto Breicha, Friedrich Hacker, Rudolf Hausner, Wien 1989, Abb. 21;
Gesellschaft bildender Künstler (Hg.) „Die Phantasten“, Ausstellungskatalog, Wien 1990, S. 223, S. 348;
Walter Schurian, Edition Volker Huber (Hg.), „Hausner 1982-1994“. Offenbach am Main, Oktober 1994, S. 44, S. 272, Nr. 119;
196. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, Dezember 1994, S. 122, Abb. 62.

Schätzpreis: € 250.000 - 500.000
Auktion ist beendet.

„Es gibt Maler, die malen sich von einem Motiv zum anderen. Das ist nicht meine Welt. Ich bin ein Ausgräber. Ich habe bei Hausner zu graben begonnen, den habe ich entdeckt, gefunden, der hat sich mir aufgedrängt. Ich habe kein anderes Motiv.“ (Walter Schurian, Hausner. Neue Bilder 1982-1994, Offenbach am Main, 1994, S. 20)

Diese Aussage erklärt die Geburtsstunde des Adam, des Künstlers Alter Ego, das in fast allen seiner Bilder auftaucht, so auch im „Leonardo-Zyklus“, der einen wesentlichen Baustein im Hausnerschen Malkosmos darstellt. In vorliegender Version sehen wir Leonardo da Vincis Abendmahl, verdoppelt auf einem fragilen Baugerüst, übereinander gestapelt hinter einer massiven Arkadenarchitektur. Oben liegt ein Baby zwischen den Armen Christi, der Künstler selbst als Neugeborenes. In der unteren Ebene mutiert die Tafel zum Billardtisch, an dem Adam als Kind im Matrosengewand gegen die Apostel spielt. Davor bestreiten zwei herangewachsene Doppelgänger einen Boxkampf. Im Vordergrund ins Zentrum des Backsteinbaus gerückt und den Betrachtenden mit mildem Lächeln fixierend, die Muse des Künstlers, seine zweite Frau Anne als Anima-Eva. Um den Nabel der Frau noch im Bild zeigen zu können, hat der Künstler das ursprünglich geplante Format unten mit einer Holzlatte ergänzt.

In der Rechten hält sie eine vom Planeten Saturn bekrönte Garnspule: immer wiederkehrendes Symbol mit biografischem Gehalt. Rudolf Hausner, in eher ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, spielte als Kind mit den leeren Garnspulen seiner Mutter, die als Näherin Geld dazuverdienen musste. Im Hintergrund eine von einem imposanten Abendhimmel beleuchtete Landschaft: rechts der Blick über den Donaukanal auf den Kahlenberg, links der Blick von der Rögergasse in Wien-Alsergrund, wo Rudolf Hausner seine Kindheit verbracht hat, bis zur Votivkirche. „Wie ein Schwamm saugt das Leonardo-Motiv die Lebensgeschichte“ des Künstlers auf, Symbole werden wie archäologische Fundstücke präsentiert, „vergessene Szenen der Vita“ wiederentdeckt. Rudolf Hausner weicht „von einer üblichen Hommage ab und vertieft diese“ gleichzeitig zum „Bekenntnisbild seines Individuationsprozesses.“ (Schurian, S. 39 f.)

(Sophie Cieslar)