0012
Rudolf Wacker
(Bregenz 1893 - 1939 Bregenz)
„Rumänischer Krug“
1933
Öl auf Holz
50 x 30 cm
Signiert und datiert links unten: R. Wacker 33
Rückseitig eigenhändig bezeichnet: B 30 / H 50 / Rudolf Wacker / Bregenz / 1933 / "Rumänischer Krug"
Rückseitig Notiz der ehemaligen Besitzerin zum Erhalt des Gemäldes:
"gehört (...) Ich war Förderer der Kunstgemeinde, gewann das Bild anlässlich der Weihnachtsausstellung. Wacker war über mein Glück so erfreut, daß er mich heim begleitete u. das Bild unter der Haustüre übergab."
Provenienz
1934 direkt vom Künstler erhalten (die Tante der jetzigen Besitzerin hat das Bild bei der Verlosung im Rahmen der Weihnachtsausstellung der Vorarlberger Kunstgemeinde im Jahr 1934 gewonnen; vgl. Notiz verso);
seither in Familienbesitz, Privatbesitz Schweiz
Ausstellung
1934 Bregenz, Ausstellung der Vorarlberger Kunstgemeinde (November)
Literatur
Max Haller, Rudolf Wacker 1893 - 1939. Biografie mit dem Oeuvre-Katalog des malerischen Werkes, Lustenau 1971, WV-Nr. 278 (o. Abb.);
Bregenzer Kunstverein (Hg.), Rudolf Wacker und Zeitgenossen. Expressionismus und Neue Sachlichkeit, Ausstellungskatalog Bregenzer Kunstverein, Kunsthaus Bregenz, 1993, Nr. 337, Abb. S. 313;
Kunsthaus Bregenz, Rudolf Wacker-Archiv W 179
Schätzpreis: ▲€ 50.000 - 100.000
Meistbot: ▲€ 90.000
Auktion ist beendet.
Wie viele seiner Zeitgenossen beobachtet Rudolf Wacker die politische Entwicklung der dreißiger Jahre mit wachsender Besorgnis, er erkennt die Gefahr schon früh und setzt sich aktiv mit Briefen und Artikeln zur Wehr. Mit der massiv werdenden Bedrohung durch das Hitler-Regime kommt die Resignation, sein Gesundheitszustand verschlechtert sich. 1937 besucht er die Ausstellung „Entartete Kunst“ in München. Nach dem Einmarsch der NS-Truppen in Österreich spitzt sich die Lage zu, als bei ihm im Mai 1938 Hausdurchsuchungen und Verhöre durch die Gestapo stattfinden. Er kann sich von seinem Herzleiden nicht mehr erholen und stirbt am 19. April 1939.
In diesen schweren letzten Schaffensjahren entstehen seine beeindruckendsten Blumenstillleben: die "Herbststräuße". Hat Wacker in früheren Bildern noch die Pracht blühender Blumen dargestellt, nehmen verdorrte Pflanzen nun den größten Raum im Oeuvre ein. Bilder wie unser "Rumänischer Krug" berühren in ihrer tiefen Symbolkraft. Die verwelkenden Blüten sind eindringliche Zeichen für die Vergänglichkeit des Seins.
Eine Schlüsselstelle aus Rudolf Wackers Tagebuch, der wichtigsten Quelle zum Verständnis seiner Bilder, spiegelt die Leidenschaft des Malers für die Symbolik sterbender Pflanzen wider: „Verdorrte Sträusse - Sie haben nicht die gleissenden, aufdringlichen Farben frischer Blumen; stiller sind sie, wie aus Staub aufglimmend. Es liegt eine unbemerkte Schönheit in diesen im Sterben erstarrten Formen und nachglühenden Farben. Sie haben ihre sinnliche Üppigkeit verloren und - Symbole des Welkens und Vergehens - sind sie doch reich noch von den Spuren des Lebens und voller Bedeutung. Ich bin ja ein Anwalt der unbeachteten bescheidenen Dinge. Es ist ein kleiner Beitrag neuer Sujets, die nie von ungefähr kommen und ohne Sinn sind. Übrigens ist es unangenehm, neben den frischen Blumen der Vasen gemalte an den Wänden zu sehen; es ist aber ein anderes, die verdorrten im Bilde in bleibender Lebendigkeit zu halten." (Rudolf Wacker, Tagebuchnotiz, 10. 11. 1934)
Wohl kalkuliert kombiniert Wacker in seinen Stillleben die organischen Formen der Pflanzen mit geometrischen Bildpartien und erzeugt mit dieser Polarisierung eine besondere Spannung in der Bildkomposition. Mit viel Mut zur Leere wählt er oft zwei gegeneinander gesetzte Farbflächen als abstrakte Hintergundskulisse. Die für ihn typische Abstraktion des Raumes nimmt den Dingen ihren Ort und ihre Zeit. Zugleich macht die Hintergrundfolie deutlich, wie präzise der Maler seine Gegenstände wiedergibt. Beim Erlernen der „altmeisterlichen“ Technik war für Wacker das Studium der Stillleben- und Blumenmalerei des 17. Jahrhunderts wesentlich. (Claudia Mörth-Gasser)