Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

26. November 2015, 15:00 Uhr

0847

Maria Lassnig*

(Kappel am Krappfeld/Kärnten 1919 - 2014 Wien)

„Hohe Weisheit“
1981
Aquarell auf Papier
60 × 42 cm (Passep.-Ausschn.)
Bezeichnet, signiert und datiert rechts unten: "Hohe Weisheit", M. Lassnig, Sommer 81

Provenienz

aus einer österreichischen Privatsammlung

Literatur

Vgl.: Hanne Weskott (Hg.), Maria Lassnig. Zeichnungen und Aquarelle 1946 – 1995, München – New York 1995, S. 143, Abb. S. 98 ff.

Das vorliegende Blatt wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis von Maria Lassnig aufgenommen.

Schätzpreis: € 10.000 - 20.000
Ergebnis: € 34.320 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Neben dem malerischen Werk nehmen die Arbeiten auf Papier einen wichtigen Stellenwert im Oeuvre Maria Lassnigs ein. Natürlich gibt es zahlreiche Studien zu den großen Leinwandbildern, aber auch komplett eigenständige Werke. Oftmals arbeitet die Künstlerin hier in Aquarelltechnik, die Spontaneität und die Notwendigkeit zum raschen Arbeiten kommen ihrem Bedürfnis, Situationen in ihrer Unmittelbarkeit zu erfassen, sehr entgegen.

Ein Jahr nach der äußerst erfolgreichen Teilnahme auf der Biennale in Venedig 1980, die den endgültigen internationalen Durchbruch bringt, entsteht vorliegendes Aquarell. „Hohe Weisheit“ zeigt die Künstlerin mit einer Eule, die auf Ihrer linken Hand sitzt. Das nahe an den Bildrand gerückte große Kopfbild und das relativ realistisch gemalte Tier werden vor einen neutralen Hintergrund gesetzt. Die Zentrierung der Künstlerin auf sich selbst, die eigenen Gefühle und Empfindungen, steht auch im Mittelpunkt dieser Arbeit, aber durch das Hereinnehmen wirklichkeitsgetreuer Elemente öffnet sie sich der Außenwelt. Der Vogel blickt mit wachem, fast stechenden Blick nach rechts aus dem Bild heraus, während die Künstlerin mit erstaunt geweiteten Augen den Betrachter fixiert, wie wenn sie nicht wüsste, warum das Tier ausgerechnet sie heimgesucht hat. Eulen sind seit alters her Symbol der Weisheit. In manchen Mythologien werden sie aber auch als Dämonen und Unglücksboten angesehen, die auch mit der Seelenwanderung in Verbindung gebracht werden. Der Titel des Aquarells verweist eindeutig auf die erste Deutung. Erscheint einem eine Eule im Traum, gilt sie als Überbringerin von Botschaften des Unterbewusstseins, eine Wahrnehmungsebene, die im Werk der Künstlerin einen sehr hohen Stellenwert einnimmt und die sie in ihren Body awareness-Arbeiten hervorholen möchte.

„Keine andere Künstlerin oder Künstler hat sich so häufig wie Maria Lassnig in Verbindung mit einem Tier porträtiert und dabei so unterschiedliche Bedeutungsebenen berührt. Ernst und Eindringlichkeit ihrer Aussagen können durch ironischen Humor in eine distanziertere Ebene rücken. In der Konzentration auf ihr eigenes Leibe-Sein sensibilisiert sich die Künstlerin für die Wahrnehmung anderer Körperlichkeit.“ (Brigitte Reinhardt, Mensch und Tier, in: Hanne Weskott (Hg.), Maria Lassnig. Zeichnungen und Aquarelle 1946 – 1995, München – New York 1995, S 143 f.) In den Jahren 1981 bis 1984 entstehen eine ganze Reihe von Selbstportraits mit Tieren. Tauchen verschiedene Lebewesen schon in ihren Arbeiten Mitte der 1960er Jahre in Paris und 1975/76 in New York auf, so ist nun das Verhältnis der Künstlerin zu diesen Begleitern ein anderes. Werden die Tiere, oft Raubkatzen, in den früheren Bildern als Sinnbild für menschliche Urängste, aber auch für die Bedrohung der Natur durch menschliche Umweltsünden gesehen, so hat Maria Lassnig nun eine ganz neue Beziehung aufgebaut. Diese ist geprägt von gegenseitigem Vertrauen. Mensch und Tier sind gleichwertig miteinander existierende Lebewesen. Sie reichen einander im wahrsten Sinne des Wortes die Hände. (Sophie Cieslar)