Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

26. November 2013, 19:00 Uhr

0741

Niki de Saint Phalle*

(Neuilly-sur-Seine 1930 - 2002 San Diego)

„o.T.“
Skulptur aus Keramik und Messing
52 × 19 × 20 cm, Schale: 5 × 15 × 12 cm
Auflage: 9/50, Gießerstempel Resines D’Art R. Haligon
Nummeriert und Stempelsignatur an der Unterseite:
9/50 Niki de Saint Phalle, Gießerstempel

Provenienz

Privatbesitz, Österreich

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 17.160 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Niki de Saint Phalle liebt die Mythen, jene, die sie studiert hat, und jene, die sie selbst erschaffen hat. Ihre Arbeiten sind sehr persönlich, mit jedem Werk gibt sie etwas von sich preis. Die Aussöhnung des Weiblichen mit dem Männlichen, des Menschen mit der Natur sind immer wiederkehrende Themen. Auch religiöse Bezüge sind nicht selten in ihrem reichen Schaffen. Die Künstlerin „entzieht sich allen gängigen Kategorisierungen, bewahrt sich Freiheit und Unabhängigkeit von geläufigen Klischees“ (Carla Schulz-Hoffmann (Hg.), Niki des Saint Phalle. Bilder – Figuren – Phantastische Gärten, München 1987, S. 9).

Nach dem radikalen, aggressiven Frühwerk der Schießbilder und den der art brut nahestehenden Objekt-Assemblagen, beginnt mit der ersten 1964 entstandenen „Nana“ – noch in Stoff ausgeführt, später in Polyester – eine neue, versöhnlichere Phase. Die Formen werden biomorph und vegetativ, Sinnbilder pulsierenden Lebens. Farbe und Bemalung sind flächig, nie zentralperspektivisch aufgebaut. „Die meisten Plastiken Nikis haben etwas Zeitloses, sind Erinnerungen an alte Kulturen und Träume. Ihr Werk und ihr Leben sind wie Märchen: voller Abenteuer, böser Drachen, versteckter Schätze, voll menschenfressender Mütter und Hexen. Paradiesvögel kommen darin ebenso vor wie gute Mütter, Ahnungen des Himmels ebenso wie der Abstieg in die Hölle.“ (Niki de Saint Phalle, Niki über Niki, in: Carla Schulz-Hoffmann, S. 39)

Kostbar durch die Farbgebung, blau-weiß-gold, wirkt die vorliegende Skulptur. Über das Dekorative hinaus verweisen die möglichen Assoziationen mit einem Taufbecken, einem Altar mit Opferschale oder einem rituellen Waschbecken. Das florale Muster der größeren Schale geht in einen Goldrand über, aus dem sich eine Schlange emporwindet. Die Künstlerin spielt mit dem Erfahrungsschatz des Betrachters, Adam und Eva oder der Brunnen des Lebens drängen sich als Assoziationen auf. Die Schlange gehört in den verschiedensten Arbeiten Niki de Saint Phalles zum fixen Formenrepertoir. So finden wir sie 1968 bereits in dem Relief „Hier soir j’ai fait une rêve“ und 1982 bei der Gestaltung des Place Igor Stravinsky vor dem Centre Georges Pompidou in Paris, die sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Jean Tinguely ausgeführt hat. Die wasserspeiende „Le Serpent“ finden wir auch 1987/89 als Brunnenfigur am „L’arbre de fontaine“ in New York und 1991 im „Le temple idéal“, der Kirche für alle Religionen. Die Bemalung der Skulptur „Ohne Titel“ erinnert an die floralen blauen Linien auf der großen Nana „La tempérance“ von 1984 aus dem Tarot-Garten in Caravicchio in der Toskana. Wie auch in ihren Zeichnungen, wachsen in Niki de Saint Phalles Objekten einzelne Formen auseinander heraus, gehen ineinander über, verbinden die unterschiedlichsten Gegenstände miteinander.

„Meine Suche hat mich immer in neue Bahnen gelenkt. Ich suche nach dem Heiligen. Ich fordere den Betrachter auf, mit mir durch meine Skulpturen zu schauen, Ich habe die Qualen hinter mir gelassen. Ich empfinde eine mystische Vereinigung mit Natur, mit Luft, mit Licht. Ich bin ein suchender Wanderer, der kurz vor der Entdeckung des Schatzes steht und weiß, daß die Suche selbst der Schatz ist. Meine Suche wird weitergehen. Unsere Art zu denken lief in die falsche Richtung. Wir sind besetzt von Ideen der Politik und Kunst. Wir haben das Leben vergessen.“ (Niki des Saint Phalle, in: Carl Schulz-Hoffmann, S. 22) Und um Leben, um seine Schönheit und Verletzlichkeit, geht es letztendlich immer in den Werken Niki de Saint Phalles. (Sophie Cieslar)