Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

22. Juni 2023, 16:00 Uhr

5032

Hans Bischoffshausen*

(Feld am See/Kärnten 1927 - 1987 Villach)

„Champ d'Énergie“
1966
Spachtelmasse, Dispersion auf Leinwand; ungerahmt
73 x 92 cm
Rückseitig bezeichnet und datiert: "Champ d'Énergie"
Rückseitig signiert und bezeichnet
Rückseitiger Künstlerstempel

Provenienz

Privatbesitz, Paris

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Ergebnis: € 21.760 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Zur Versteigerung gelangen zwei Werke (Kat. Nr. 5032 und 5033) aus Bischoffshausens monochromer Phase, die gemeinhin als der Höhepunkt seines Schaffens gilt. Hans Bischoffshausen, 1927 in Kärnten geboren, studierte zunächst Architektur in Graz, bevor er sich der Malerei zuwandte und ihr letztlich sein ganzes Leben verschrieb. 1959 konnte er sich den Traum erfüllen, nach Paris zu ziehen, wo er mit seiner Familie für 12 Jahre lebte. Kurz nach der Ankunft in der französischen Kunstmetropole fand Bischoffshausen zu jener reduktiven Bildsprache, für die er bis heute bekannt ist und die ihn an die vorderste Front der künstlerischen Avantgarde katapultierte.

Monochromie, Reduktion und Relief bilden den Dreiklang, in dem Bischoffshausens Pariser Bilder schwingen. Mehr als ein Jahrzehnt lang schuf der Maler ausschließlich einfarbige Bilder in Weiß, Schwarz und (viel seltener) Gold. Bischoffshausens Gestaltungsspielraum beschränkte sich auf ein reduziertes Formenrepertoire, das er als Relief auf den Bildgrund aufbrachte bzw. in ihn hinein arbeitete. Dafür überzog er die Bildfläche mit flüssigem PVC oder Spachtelmasse, deren temporäre Viskosität er nützte, um die von ihm entwickelten Zeichen mit einer Spachtel, dem Finger oder dem Pinselstiel einzubringen.

Bischoffshausen wollte alles Subjektive und Gefühlsbetonte, Expressive und Symbolische möglichst aus seinen Bildern fernhalten. Daher die Entscheidung zur Monochromie, die subjektive Farbentscheidungen weitestgehend vermied, daher die Wahl leicht reproduzierbarer und symbolisch nicht aufgeladener Formelemente, die hierarchielos nur als gemeinsame Struktur funktionieren und zu einem gewissen Grad ein automatisiertes, serielles Arbeiten zuließen, dazu A. Rohsmann: „Für Bischoffshausen ist die Platzierung [Anm: der ersten beiden Strukturelemente] von Zufall und Willkür geprägt, die folgenden unterliegen einem relativen Zugzwang.“ (A. Rohsmann, Bischoffshausen, Klagenfurt 1991, S. 94)

Das entstandene Relief verleiht Bischoffshausens Werken eine haptische Qualität und bleibt zugleich flüchtig und ungreifbar, da es beinahe ausschließlich durch Licht- und Schatteneffekte sichtbar wird. Kommt die Beleuchtung von der falschen Seite, löst sich das Bild gewissermaßen zur monochromen Fläche auf. Die auf diese Art formal zum Ausdruck gebrachte Gleichzeitigkeit von Manifestation und Volatilität, von Existenz und Latenz reflektieren Bischoffshausens inhaltliche Schwerpunkte der monochromen Phase: Energie und Raum. Beide verstand er als elementare Aspekte unseres Daseins, nicht greifbar und doch spürbar, in ständiger Transformation pulsierend, alles Bestimmend und dabei so unauffällig.

Bischoffshausen arbeitete oft in Serien, wobei diese parallel zueinander und über viele Jahre hinweg entstanden. Für jede Serie beschränkte sich Bischoffshausen zumeist auf eine Zeichenart aus seinem Formenkanon. Seine wohl bekannteste Werkserie sind die „Energiefelder“ (champs d‘énergie), für die er sich der Form des „Spachtelschubes“ (von Rohsmann „Rippe“ genannt; vgl. Rohsmann, 1991, S. 103) bediente. Durch das intuitive, serielle Einbringen von Spachtelschüben in den weichen Bildgrund entstand im Zusammenspiel einzelner, egalitärer Zeichen eine gemeinsame Struktur, ein Energiefeld. Aus der Zusammenschau der Energiefelder, aber auch aus jedem einzelnen Bild, ergibt sich der Eindruck der stetigen Transformation – das Gefühl, die Strukturelemente könnten sich jederzeit neu formieren. Das vorliegende Energiefeld kommt mit auffallend wenigen „Rippen“ aus – es ist eine sanfte, zarte Energie, in der die Latenz besonders stark spürbar wird: Sehen wir hier einen Prozess der Auflösung oder der Verdichtung?

(Clara Kaufmann)