Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

22. Juni 2023, 16:00 Uhr

5035

Friedensreich Hundertwasser*

(Wien 1928 - 2000 vor Brisbane, Australien)

„Regenbaum“
1974
Tapisserie, aus Wolle gewebt mit 4 Kettfäden pro cm; gewebt von Martin Gradilla und Antonio Velasquez. Studio: Gobelinos Riedl
242 cm x 194 cm
Signiert rechts unten: Hundertwasser
Auf der Rückseite signiert, datiert und betitelt

Provenienz

Bernard Lamarre, Montréal;
Galerie Paul Facchetti, Zürich;
Privatsammlung, Wien

Literatur

Andrea Christa Fürst, Hundertwasser 1928-2000. Werkverzeichnis-Catalogue Raisonné, Vol II., Köln 2002, Abb. S. 929

Die vorliegende Arbeit ist im Hundertwasser-Werkverzeichnis unter der Nr. TAP28 422A registriert.

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 15.840 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Hundertwasser war davon überzeugt, dass die moderne Gesellschaft von der Natur entfremdet war und dass die Kunst eine wichtige Rolle dabei spielen könne, die Beziehung zwischen Natur und Mensch wieder herzustellen. Als Gegner von geraden Linien und jeglicher Art der Standardisierung, legte er großen Wert auf runde Formen, besonders Spiralen, fantasievolle Lebendigkeit, leuchtende Farben und die Einbeziehung der Natur in seine Werke.

In einer Wette mit den Textilkünstlern Fritz Riedl und Johanna Schidlo im Jahre 1952 stellte er die Behauptung auf, man könne eine Tapisserie ohne Karton, also ohne eine Vorlage in der Originalgröße, weben. Er war der Meinung, nur diese Vorgehensweise könne ein echtes künstlerisches Werk entstehen lassen (statt einer schnöden Kopie). Um dies zu untermauern, setzte er sich persönlich an den Webstuhl und knüpfte seinen ersten Teppich „Pissender Knabe mit Wolkenkratzer“ – nicht nur ohne Karton, sondern auch ohne Bildvorlage: die Darstellung ergab sich aus und während der Arbeit.

Weitere Tapisserien folgten, stets ohne Karton, ab nun jedoch hergestellt von zwei Gruppen von Webern, denen Hundertwasser vertraute: die einen, ein wenig feiner strukturierten in Zusammenarbeit mit Hilde Absalon und Marga Person in Wien, die anderen, kräftiger aufgefassten, durch die „Gobelinos Mexicanos“ unter Leitung von Fritz Riedl in Guadalajara (Mexiko). Die in Folge entstandenen Wandteppiche hatten bereits bestehende, meist etwas kleinere Bilder zur Vorlage. Bei der Übertragung seiner Werke in Tapisserien war Hundertwasser die freie Umsetzung und die Miteinbeziehung der Interpretation durch die Weber ein besonderes Anliegen, weshalb er auch weiterhin auf die Verwendung von Kartons verzichtete. Aus diesem Grund sind alle Hundertwasser-Tapisserien Unikate. Die farbigen Flächen, starken Konturen und klaren Kontraste in seinen Bildkompositionen stellten sich bald als sehr gut geeignet für eine Übertragung in textiles Material heraus, wobei stets eine enge Verwandtschaft zwischen Bild und Teppich bestehen blieb. Meist enthalten die Tappisserien dabei unkompliziertere Bildideen, die sich leichter übersetzen lassen. Die Teppiche trägen die gleiche Werk-Nummer, werden von den Bildern aber durch ein „A“ unterschieden.

Der hier gezeigten Tappisserie diente als Vorlage das Aquarell „Arbre de pluie – Regenbaum“, das der Künstler im Dezember 1959 in Hamburg gemalt hatte. (Aquarell auf Packpapier mit Kreidegrund, 64 x 50 cm) Es ist der große mythische Weltenbaum mit kumulusartigem Blattwerk und einem Stamm, der als gelber Blitzstrahl dargestellt bis tief in die Erde hineinreicht.

(Ina Waldstein)