0348
Herbert Brandl*
(Graz 1959)
„o.T. (Diptychon)“
1987
Mischtechnik auf Leinwand; ungerahmt
je 85 x 145 cm
Jeweils rückseitig am Keilrahmen signiert und datiert: Brandl 1987
Provenienz
Galerie Peter Pakesch, Wien;
seither Privatbesitz, Steiermark
Schätzpreis: € 30.000 - 60.000
Meistbot: € 30.000
Auktion ist beendet.
Herbert Brandl gilt als einer der Hauptvertreter der österreichischen Neuen Wilden, eine ausdrucksstarke und abstrakte malerische Bewegung, die sich vor allem durch die Ausstellung „Hacken im Eis“ 1986 in Bern und Wien endgültig etablierte. Seine zwischen völliger Abstraktion und gegenständlichen Landschaftsdarstellungen oszillierenden Bildwelten haben eine stark atmosphärische, sogartige Wirkung. Am ehesten sind sie dem Neoexpressionismus zuzuordnen, wobei Brandl eine ganz eigene Bildsprache erfunden hat. Stets entscheidend in seiner Malerei ist die Behandlung der Farbe als Materie, was bereits in seinem Frühwerk in den 80er Jahren einsetzt und bleibt.
Bekannt wurde er mit eher kleinformatigen Gemälden, die durch einen sehr starken Farbauftrag geprägt sind: die Oberflächen sind pastos, bei manchen Bildern ließe sich sogar von Farbkrusten sprechen, in denen sich Brandl besonders mit dem Material Farbe auseinandersetzt. Oft finden sich bröselig – körnige Spuren, die Brandl bewusst stehen lässt und als zufälliges Element in sein Bild integriert. Die Oberfläche bewahrt so eine natürliche Unregelmäßigkeit, die kleinen Unebenheiten reflektieren das Licht ganz anders als eine glatte Oberfläche, wodurch ein gewisses Flirren, eine scheinbar natürliche Lebendigkeit entsteht, die an Bilder Monets oder Turners erinnern. Beide Maler waren wichtige Inspirationsquellen für Brandl, ganz besonders die Werke Turners an der Schwelle zur totalen Abstraktion, die er in London sah.
Brandls Bilder werden stets geistig entworfen und vorbereitet, es entsteht eine Art Gerüst im Kopf des Künstlers, das während des Malprozesses aber wieder fallen gelassen wird, um in etwas Unkontrolliertes, Intuitives überzugehen. Die ursprüngliche Idee wird zurückgelassen und es entsteht etwas Neues, Eigenständiges.
Erst zu Beginn der 90er Jahre wird der Farbauftrag reduziert und seine reliefhafte Malweise wird flacher. In den neuesten Werken lässt Herbert Brandl das Gegenständlich-Landschaftliche wieder weitgehend hinter sich und legt den Fokus auf die Wirkung reiner Farbe.
(Ina Waldstein)