Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

19. April 2023, 15:00 Uhr

0349

Herbert Brandl*

(Graz 1959)

„o.T.“
2000
Aquarell auf Papier; gerahmt
150 x 169 cm (Ausschn.)
Signiert und datiert rechts unten: Brandl 2000

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Meistbot: € 18.000
Auktion ist beendet.

Die Farbe, sowohl die verschiedenen Töne als auch die Farbe als Medium in ihrer Stofflichkeit und Anwendung sind für Brandl von großer Bedeutung. Dies trifft auch auf seine Aquarelle zu, vielleicht sogar noch intensiver als in seinen Ölbildern.

„Dass Farben leichter erfassbar sind als Formen, ist ja bereits eine wissenschaftlich fassbare Trivialität. Darum geht es Brandl nicht, sondern um den Einfluss der Zeit bei der Wahrnehmung, um das Verhältnis von Farbe und Gedächtnis. Woran erinnern wir uns, wenn wir die vielfachen Farbpunkte und -flächen einer Wiese betrachtet haben?“ (Weibel, Farbe und Zeit, in: Weibel/Holler-Schuster (Hsgb.), Herbert Brandl, Neue Galerie Graz, Graz 2002, S. 59)

Bereits in den 80er-Jahren konzentriert sich Brandl auf die Farbe als Materie, immer wichtiger wird der Malprozess an sich. Bewusst lässt er erkennbare Pinselstriche stehen, Farben übereinander rinnen oder malt abgesetzte Felder, die das Raumempfinden in den Hintergrund treten lassen. „Ich arbeite sehr oft nur mit den physikalischen Gegebenheiten der Farbe: dass sie herunterrinnt oder -tropft, dass sie Batzen macht und man sie wegspachtelt. Dieses ganze Repertoire spiele ich durch und versuche, einen absichtslosen Zustand zu erreichen.“ (Wolfgang Kos im Gespräch mit Herbert Brandl, in: Weibel/Holler-Schuster (Hsgb), Herbert Brandl, Neue Galerie Graz, Graz 2002, S. 254 ff.)

Nach anfänglich sehr pastosem Farbauftrag, in dem Brandl auch mit Spachtel arbeitete, wird seine Malweise in den 90er-Jahren wieder flacher; stellenweise malt er nun auch lasierend. Abstraktion und Gegenständliches vermischen sich bzw. existieren nebeneinander. Leuchtende Farbfelder stehen mächtigen Gebirgslandschaften gegenüber, die eher aus der Abstraktion herauszuwachsen scheinen als sich in dieser aufzulösen; dazwischen entstehen auch ganz realistische Werke. Konzeption liegt Brandl jedoch fern. Trotzdem sind seine Bilder niemals Produkte des reinen Zufalls, im Arbeitsprozess steuert Brandl sehr wohl, wo die Farbe hin rinnen, wo sie stocken soll, oder wo sie akzentuiert werden muss. Auch in seinen Aquarellen löst er sich im Laufe der Jahre immer stärker von lesbaren Motiven, wechselt zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, doch gewinnt die Farbe hier noch intensiver an Autonomie; auch der Zufall spielt eine immer größer werdende Rolle: „Ich entwickle Farbe aus der Farbe heraus und nicht aus der Form. An sich handelt es sich bei meiner Malerei um Farbflecken oder Farbwolken, aus denen sich eine Hauptfarbe entwickelt, die alles überflutet. Nur am Rande werden dann noch die anderen Farben sichtbar.“ (S.o.) Allzu emotional möchte sich der Künstler aber auch nicht einordnen lassen:

„Ich bin kein Expressionist, der seinen Gefühlen freien Lauf lässt. Ich selbst bin ja nur ein Betrachter meiner Bilder, allerdings mit dem Recht einzugreifen. Ich wollte mich immer nur mit dem auseinandersetzen, was ich sehe, mit meiner Optik. (…) Was ich mit meinen Bildern vermittle, konnte ich aber nie genau sagen. Ich konnte mich nur an ihnen hinaufhanteln wie auf einer Felswand.“ (S.o.)

(Ina Waldstein)