Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

08. November 2022, 15:00 Uhr

0031

Jan Brueghel der Jüngere

(Antwerpen 1601 - 1678 Antwerpen)

„Allegorie auf Recht und Gewalt (Allegorie auf König Charles I. v. England)“
Ende 1660er Jahre
Öl auf Holz
53,5 x 80 cm

Provenienz

Christie's London, 15. Dezember 1989, Lot 147;
Sammlung Erna Weidinger (1923–2021)

Gutachten Dr. Klaus Ertz, Lingen, September 2022, liegt bei.

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 66.560 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Das vorliegende Gemälde ist eine Allegorie auf die Geschichte Englands in der Mitte des 17. Jahrhunderts – ein ständiger, Krieg und Frieden bestimmender Kampf zwischen Protestanten und Katholiken, Monarchie und Republik, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltausübung. Es verwundert also nicht, dass das Gemälde in den Grundzügen eine frühere Komposition Jan Brueghels des Jüngeren aufgreift, welche allgemein als „Allegorie auf Recht und Gewalt“ zu interpretieren ist (vgl. Klaus Ertz, Jan Brueghel der Jüngere, 1979, S. 384, Nr. 220, Abb. S. 385). Das signierte und 1647 datierte Werk zeigt mit der brennenden, von dämonischen Tieren umgebenen Ruine links und dem sich öffnenden Ausblick in der rechten Bildhälfte einen nahestehenden Aufbau. Die zentrale Gruppe, Mars eine Mutter an den Haaren davonschleifend, also die Schrecken des Krieges symbolisierend, erscheint nahezu ident.
Allerdings konkretisiert vorliegendes Gemälde die Thematik und bezieht sich explizit auf verschiedene schreckliche Ereignisse, die England in der Mitte des 17. Jahrhunderts heimsuchten. Am rechten Bildrand als rückblickendes „Bild im Bild“ ist die Hinrichtung König Charles I. (1600-1649) vor der Banqueting Hall in London dargestellt, welche im Jahr 1649 stattfand. König Charles I. wurde vom Parlament u.a. für zwei Bürgerkriege verantwortlich gemacht und wegen Hochverrats angeklagt. Nach seinem Tod wurde England als Republik von Thomas Cromwell (1599-1658) geführt bis es schließlich 1660 unter König Charles II. (1630-1685) zur Restauration des Stuart-Königtums kam.
Ein als Henker dargestellter, maskierter Fuchs und neben ihm sitzender, geifernder Hund betrachten die Enthauptungsszene – möglicherweise ein Verweis auf Charles' parlamentarischen Gegenspieler Thomas Fairfax (1612-1671), der in niederländischen Stichen als „Bluthund“ Oliver Chromwells dargestellt wurde (vgl. Interpretation einer auf Leinwand ausgeführten Kopie der Komposition, "Allegory on the Consequences of the Execution of King Charles I", in Petworth House and Park, West Sussex, National Trust Inventory Number: 486249).
Darunter sind Schädel und eine Sanduhr als Vanitassymbole, sowie Schriften Luthers und Calvins zu identifizieren. Ein Fuchs haucht über die Bildtafel die Worte „Hic Adoperamur“, während am linken Bildrand hingegen ein Skelett „Via adoperate“ aus einer Trompete bläst. Über einer Rüstung und weiteren Kriegsgeräten sind links dämonische Wesen in der Manier Hieronymus Boschs versammelt. Ein Tier erbricht Dokumente, deren Aufschriften wie „timor pesta fame“ oder „falsi testimoni“ auf Plagen und Unrecht hinweisen. Die vermeintlichen Folgen bzw. Strafen für das menschliche Handeln, sind wiederum im rechten Ausblick dargestellt: Es ist in der Ferne der Große Brand Londons von 1666 zu erkennen, das Stadt-Panorama wohl nach der Vorlage Claes Visschers (1587-1652) adaptiert (vgl. Lot 32, Abb. 1). Über der im Flammenmeer lodernden Stadt ist am Himmel der Komet von 1665 dargestellt, welcher für die im gleichen Jahr ausbrechende Große Pest von London und auch den Großen Brand im Jahr darauf verantwortlich gemacht wurde.