Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

05. April 2022, 15:00 Uhr

0004

Anton Faistauer

(St. Martin bei Lofer 1887 - 1930 Wien)

„Damenbildnis (des Künstlers Schwester Anna)“
um 1917/18
Öl auf Leinwand
85 x 66 cm

Provenienz

Familie des Künstlers;
dort erworben, Privatbesitz, Steiermark

Literatur

Franz Fuhrmann, Anton Faistauer 1887-1930, mit einem Werkverzeichnis der Gemälde, Salzburg 1972, WV-Nr. 153, S. 139 (mit s/w-Abb.)

Schätzpreis: € 30.000 - 60.000
Ergebnis: € 70.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Anton Faistauer zählte zu den bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten der Moderne. Als Gründungsmitglied der "Neukunstgruppe" gehörte er neben Egon Schiele und Oskar Kokoschka zu den Vorreitern des österreichischen Farbexpressionismus. Unter dem Einfluss von Paul Cézanne räumte Faistauer der Farbe und ihrer Wirkung einen besonderen Stellenwert ein. Mit seiner Malerei schaffte der Salzburger den kühnen Spagat zwischen Moderne und Tradition. Neben Landschaften, Stillleben und großformatigen Freskomalereien widmete sich Faistauer intensiv der Porträtkunst. Abseits von prominenten Porträts wie dem Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal, dem Kammersänger Richard Mayr oder Kronprinz Rupprecht von Bayern, richtete sich sein künstlerischer Fokus auf die eigene Familie. So auch in dem "Damenbildnis (des Künstlers Schwester Anna)" um 1917/18. Als drittes von zehn Kindern hatte Faistauer ein inniges Verhältnis zu seiner ein Jahr jüngeren Schwester Anna. Die angebliche Lieblingsschwester heiratete in die Steiermark nach Kornberg (verheiratet Sonnberger), wo Faistauer sich immer wieder aufhielt.

Das Ölbild seiner Schwester geht auf die Zeit des Ersten Weltkriegs zurück, als Faistauer kriegsbedingt von Wien in seinen Heimatort Maishofen übersiedelte. Von den Schrecken des Krieges ist im intimen Sujet nichts zu spüren. Faistauer zeigt seine Schwester im Dreiviertelporträt in sitzender Pose und aufgestütztem Arm am Tisch vor neutralem Hintergrund. Nachdenklich und in sich gekehrt erscheint die Dargestellte mit blauen Augen, dunkelrotem Kleid und goldener Brosche. Dabei konzentriert sich Faistauer auf eine expressive Malweise in gedämpften und warmen Erdtönen. Als Meister der Farbe und in Anlehnung an die modernen Kompositionen eines Paul Cézannes oder Adolphe Monticellis, gelingt es Faistauer die charakteristischen Wesenszüge seiner Schwester auf subtile Weise einzufangen und in eine eigene künstlerische Interpretation zu verwandeln.
(Stefan Üner)