Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

25. Juni 2020, 14:00 Uhr

1283

Anton Faistauer

(St. Martin bei Lofer 1887 - 1930 Wien)

„Junge Frau in rotem Kleid auf rotem Sofa (Porträt von Ida, der Gattin des Künstlers)“
1915
Öl auf Leinwand
101 x 78 cm
Signiert und datiert rechts oben: A Faistauer / 1915
Bezeichnet rückseitig auf Leinwand: Bes. B. Koller / Wien IV / Argentinierstr. 26
Originalrahmen

Provenienz

ehemals Broncia Koller, Wien (Verweis verso);
österreichischer Privatbesitz

Literatur

Anton Faistauer 1887-1930, Katalog zur Sonderausstellung des Salzburger Museums Carolino Augusteum, 11. Februar bis 22. Mai 2005, Kat.-Nr. 36, Abb. S. 272

Schätzpreis: € 50.000 - 80.000
Ergebnis: € 57.600 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Im Jahr 1914 malt Anton Faistauer seine junge Frau Ida, die Schwester des Künstlers Robin Christian Andersen, in bräunlich-rotem Kleid auf einem roten Sofa sitzend. Mit melancholisch-nachdenklicher Geste, verträumt in sich selbst versunken, hat Ida das Kinn auf den linken Arm gestützt und wird in leichter Profilansicht schräg von rechts gezeigt. Faistauer heiratete seine erste Frau am 3. Februar 1913 in der Wiener Karlskirche und sollte sie bis zu ihrem frühen Tod im Jahr 1919 rund sechzig Mal im Porträt verewigen. Das Bildnis ist eine äußerst sensible Charakterisierung der Dargestellten und zeigt zugleich die koloristische Meisterschaft von Faistauers früher Porträtmalerei.

Anton Faistauer war neben Egon Schiele die treibende Kraft der 1909 ins Leben gerufenen "Neukunstgruppe", deren junge Künstler gegen den konservativen akademischen Kunstbetrieb revoltierten. Auf der Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksformen bezog Faistauer seine wichtigsten Impulse von der Malerei Paul Cézannes, die er erstmals auf der großen Impressionisten-Ausstellung 1903 in der Wiener Sezession studieren konnte und mit der er sich ab 1911 auch kunsttheoretisch auseinandersetzte. Ähnlich wie Cézanne geht es Faistauer um die der Natur zugrunde liegende Struktur und ein malerisches Ordnungsprinzip, das jenem der Natur entspricht. In einem Brief schreibt Faistauer: "Die Erde ist rund. Es ist ein großes wundervolles Leben der Kurve. ... Ich bin erregt über die Kurven der Vögel, über den Bauch der Fische u. den Bauch der Rinder ... Das Rätselhafteste beginnt an dem Kontur."(Brief vom 19.8.1911, zit. nach Schaffer, in: Anton Faistauer, Kat. Salzburger Museum Carolino Augusteum, S. 45). In seinen Portäts spiegelt sich die Idee von ewiggültigen, objektiven Formwerten wider, wenn etwa Körper und Gesicht der Frau in ein Oval eingeschrieben oder von kurvigen Linien begrenzt werden, während die Farbe als emotionaler Ausdrucksträger die Strenge der Komposition mildert.

Das Porträt von Ida befand sich ehemals in Besitz der Malerin und Mäzenin Broncia Koller-Pinell, in deren Villa in Oberwaltersdorf zahlreiche Künstler verkehrten. Gemeinsam mit ihrem Mann Hugo Koller gehörte Broncia zu den frühen Förderern von Egon Schiele und pflegte ab etwa 1918 auch freundschaftlichen Kontakt mit Anton Faistauer. So beteiligten sich Faistauer und Broncia Koller 1919 an der Ausstellung des "Sonderbundes" in Wien in den Räumen der ehemaligen Galerie Miethke sowie in Salzburg an jener der neu gegründeten Künstlervereinigung "Der Wassermann".
(Claudia Mörth-Gasser)