Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

04. Dezember 2019, 16:00 Uhr

0753

Sam Francis*

(San Mateo/Kalifornien 1923 - 1994 Santa Monica/Kalifornien)

„Female Nude“
1961
Aquarell auf Papier; gerahmt
28 x 21 cm
Rückseitig signiert, datiert und gewidmet: Sam Francis, Wien 61

Provenienz

Auktionshaus im Kinsky (19.06.2007, Lot 413);
seither Privatsammlung Wien

Schätzpreis: € 20.000 - 30.000
Auktion ist beendet.

Folgt man den Linien, so fängt eine farbige amorphe Form, leicht nach rechts versetzt von der Mittelachse, den Blick der BetrachterInnen, denn er ist dunkler und pastoser als der Rest. Von hier aus scheinen die blauen, kraftvollen Bewegungen ihren Ursprung zu haben. Sie bäumen sich auf, schlagen aus und winden sich vor dem Weiß des Hintergrunds.
Das Weiß ermöglicht den Blick in die Unendlichkeit des Kosmos, gleichzeitig ist es die Ruhe, auf der die Bewegung stattfinden kann. So erst eröffnet sich ein Dialog zwischen dem Licht und der Farbe, denn diese wird durch den weißen Grund aktiviert, gleichzeitig ist die Farbe selbst ein Element des Lichts. Wie Francis selbst sagte: „Color is light on fire“ (D. Burchett-Lere, A. Zebala: The Artist’s Materials. Sam Francis, in: The Getty Conservation Institute, Los Angeles, 2019). Gerade für seine Farben ist Sam Fancis berühmt. Sie sind lebendig, satt, pur, intensiv und besonders reich in ihrer Pracht (Sam Francis et al.: Catalogue Raisonné of Canvas and Panel Paintings, 1946–1994, University of California Press, Sam Francis Foundation, Berkeley, 2011).
Dabei versteht er es vorzüglich, den gestischen, expressiven und kalligraphischen Pinselstrich Pollocks mit der meditativen, harmonischen Farbigkeit eines Rothkos zu verbinden, um erfolgreich zu seinem eigenen Ausdruck zu finden. So präsentiert er in einem intimen Dialog zwischen Werk und Betrachter eine Studie des Innersten, von Träumen und Unbewussten (N. Mozur: About the Artist. Sam Francis, Psychological Perspectives, 2014, 57, S. 4-6).
Möchte man nun das unruhige Zentrum des Bildes als Versinnbildlichung verstehen, als aufgewühltes Unbewusstes, so wäre es möglich, dass die äußere Form nun auf den Titel des Werkes hindeutet. Denn trotz der chaotischen Bewegung im Zentrum gewinnt das Werk an Ruhe, denn in einer subtilen Mischung aus Blau und Violett umrahmt eine durchscheinende Form mit weichen Linien und runden Schwüngen das Zentrum, folgt dem Bildrand und rahmt damit das Innere. Beinahe wie eine Umarmung scheint es, da am rechten Bildrand Anfang und Ende dieser geschwungenen Form sich hin beugen zur Mitte, sie umfangen und auch auffangen. Diesen kontemplativen Zugang eröffnet Sam Francis den BetrachterInnen – mit seinen lyrischen Farben und seiner visuellen Poesie. (Valerie Gaber)