Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

20. Juni 2018, 18:00 Uhr

0871

Franz Zadrazil*

(Wien 1942 - 2005 Wien)

„Häuserfassade“
Öl auf Spanplatte; gerahmt
207,5 x 250 cm

Provenienz

2010 im Auktionshaus im Kinsky Wien erworben, 79. Auktion (lot 353);
seither europäische Privatsammlung

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 66.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Franz Zadrazil: Beobachter, Stadterkunder und Chronist, war ein wichtiger und in Österreich einzigartiger Künstler. Seit 1961 bei der Post beschäftigt, begann Zadrazil 1966 während eines Aufenthaltes auf Kreta zu malen und besuchte ab 1968 für vier Jahre die Meisterklasse von Rudolf Hausner an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Vorerst sind es die Zeichen des Nachkriegsverfalles an den Wiener Häuser- und Geschäftsfassaden, die den Künstler interessieren und ihn noch während der Studienjahre zu fast fotorealistischen Bildern inspirieren, deren maltechnisches Können ebenso beeindruckend ist, wie sein Gefühl für Schatten, Oberflächen und Details.
Als „Stadterkunder“ begibt er sich auf die Suche nach Bauwerken mit Geschichte, die ihre Glanzzeiten entweder bereits hinter sich haben oder einfach nur abseits von Tourismus und Prachtbauten Spuren des Bewohnt-Seins zeigen. Eine wichtige Eigenschaft seiner Bilder ist die stete Abwesenheit von Menschen – die Fassaden, Türen, Fenster, Plakate und Schilder erzählen ganz von selbst Geschichten, die Personal nicht notwendig haben. Lediglich auf Werbeplakaten begegnen einem vereinzelt Menschen. Das Schmutzige, Unperfekte rückt dabei in den Fokus, das Morbide und Geheimnisvolle der unbelebten Szenerie, das manchmal auch skurrile oder humoristische Details enthält, wirft unweigerlich die Gedankenmaschinerie des Betrachters an: Was spielt sich hinter den verhangenen Fenstern und verschlossenen Türen ab? Seine Motive findet Zadrazil vorerst in Wien, dann auch in Paris und New York City. Obwohl der Eindruck besteht, sind seine Bilder doch keine detailgetreuen Abbilder, sondern während des Malens einem Prozess der Veränderung unterworfen. Als Unterstützung verwendet Zadrazil die Projektion von Schwarz-Weiß-Negativen auf Novopan-Platten, von denen er aber nur Ausschnitte übernimmt. Details werden bewusst ausgelassen oder auch hinzugefügt, auch der Farbauftrag variiert nach dem Gefühl des Künstlers und hält sich nicht an die Realität. Auffallend ist auf den gleichzeitig sehr realen und doch auch kulissenhaft-flächig anmutenden Bildern, die große Liebe Zadrazils für Details und Oberflächen. Letztere trägt er oft in mehreren Schichten auf, um dann wieder Farbe abzukratzen, was dem abgeblätterten Putz der echten Fassaden nachempfunden ist und den Bildern eine höchst lebendige Oberflächenstruktur verleiht. In den New Yorker Werken fügt das Gewirr der typischen Feuerleitern und Balkone, deren Gitter netzartige Schatten auf die Fassaden werfen noch eine weitere Schicht hinzu, die das Betrachter-Auge erst einmal „entwirren“ und zuordnen muss. Die Faszination für Trompe-l’oeil-Effekte lässt sich nicht verbergen, aber auch vor dezentrierten Bildausschnitten und Untersichten schreckt der Künstler nicht zurück. Die großen Formate verhindern, dass seine doch nostalgischen Bilder kitschig wirken.

„Wenn andere rausgehen, um Schmetterlinge zu sammeln, die sie dann zu Hause aufspießen, so gehe ich die Wände und Häuser entlang und fange so eine Fassade ein und spieße sie dann auf das Bild. Ich gehe Zeit fangen.“ (Zitat Franz Zadrazil, Archiv des Künstlers) (Ina Waldstein)