Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

06. Dezember 2017, 18:00 Uhr

0659

Hans Staudacher*

(St. Urban 1923 - 2021 Wien)

„Vegetation“
1958
Mischtechnik auf Leinwand; gerahmt
54,5 x 73 cm
Rückseitig signiert und datiert: H. Staudacher 1958

Provenienz

Privatsammlung, Kanada;
Privatsammlung, Luxemburg

Die hier abgebildete Arbeit wurde vom Künstler als authentisches Werk bestätigt. Wir danken dem Künstler für die Information!

Schätzpreis: € 7.000 - 14.000
Ergebnis: € 10.560 (inkl. Gebühren)

Nach einer kurzen Phase von flächig konstruktiven Figurationen sprengt Hans Staudacher in den 1950er Jahren unter dem Einfluss des zeitgleichen französischen Informel und der Lyrischen Abstraktion dieses geometrische System. Die konstruktiv verschachtelten Elemente werden durch spontane Improvisationen und direkt auf die Leinwand umgesetzte Empfindungen ersetzt. Bei Staudacher „vollzog sich dieser Prozess als wilder Ausbruch, als Schrift in Raum und Fläche; Papier und Leinwand scheinen dabei ihre Grenzen zu verlieren; Ausdruck wurde zur temperamentvollen Niederschrift, zu einer Art physischer und psychischer Stenographie“ (Hans Staudacher. Schrift und Geste. Die Fünfziger Jahre, München 1991, S. 4).

Skripturale Elemente in hellem und dunklem Gelb tanzen wild über die Bildfläche, an manchen Stellen wechseln sie den Ton, um sich von den lichten über die Fläche wandernden Farbwolken abzuheben. Alles scheint in Bewegung geraten, nur das tiefe Schwarz im Hintergrund macht den Eindruck als stehe es unverrückbar still und erinnert in seiner unergründlichen Tiefe an die Weiten des Universums. Ein Universum nach dem Urknall, wo sich Staubwolken zu festen Planeten verbunden, Gestirne ihren Platz am Firmament gesucht haben. Der Bildtitel „Vegetation“ verweist auf Pflanzengesellschaften, auf lebendige Organismen, die sich fortpflanzen, vermehren und wieder vergehen, somit einer ständigen Veränderlichkeit unterworfen sind, die wie im Zeitraffer auf die Leinwand gebannt zu sein scheint. Die bis dahin gültigen Bildregeln sind gesprengt, die Freiheit der Form und der Farbe gehen einher mit der „Freiheit des Individuums, als Freiheit zu Ausdruck wie zur Verschlüsselung“ (Schrift und Geste, S. 5). Dabei verliert Staudacher aber den Bildraum nie aus den Augen, behält bei aller gestischen Aktion stets die Kontrolle. „Er zieht die Spuren spontan, mit allem dazugehörigen Risiko und der unterschwelligen Spannung, die der Kontrolle der malerischen Geste und einer schreibenden Hand gilt. Zur Spontaneität gehört immer auch die potentielle und im Bruchteil von Sekunden aktive Beherrschung.“ (Schrift und Geste, S. 5 f.) Die „Malerei handelt“ (Hans Staudacher, manifest 1960), birgt in ihrer immanenten Veränderlichkeit einen Zeitaspekt: Staudacher „fängt Zeitmomente spontan ein, schleudert sie hin“ (Schrift und Geste, S. 7). Bilder wie „Vegetation“ gehören zu den Meisterwerken des lyrischen Informel in Österreich. (Sophie Cieslar)