Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

05. Dezember 2017, 18:00 Uhr

0268

Albin Egger-Lienz

(Stribach bei Lienz 1868 - 1926 St. Justina bei Bozen)

„Bauer mit Hut (der mittlere Bauer aus dem Gemälde "Totentanz")“
um 1920
Pastell auf Papier auf Karton
49,5 x 44,5 cm
Signiert rechts unten: Egger-Lienz

Provenienz

1977 im Kunstsalon Mag. Peter Kovacek erworben;
seither österreichischer Privatbesitz

Ausstellung

Vergleiche: Wilfried Kirschl, Albin Egger Lienz. Das Gesamtwerk. Band II, Wien 1996, vgl. WV-Nr. Z 299, Abb. S. 595 (Zeichnung zum "Totentanz", Kopf der mittleren Gestalt, Rötel, Graphische Sammlung Albertina, Wien) sowie WV-Nr. Z 477, Abb. S. 611 (Kopf des zweiten Bauern, Pastell, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck)

Literatur

Gutachten von Mag. Peter Kovacek, Juni 1977, liegt bei.

Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
Ergebnis: € 83.200 (inkl. Gebühren)

1906 bekommt Albin Egger-Lienz den Auftrag, zu Ehren des 60-jährigen Thronjubiläums Kaiser Franz Josephs eine Episode aus den Tiroler Befreiungskriegen für die erst kurz zuvor im Unteren Belvedere in Wien eröffnete Moderne Galerie zu malen. Pünktlich zwei Jahre später präsentiert der Künstler den "Totentanz von Anno Neun".
Mit dem "Totentanz" liefert Egger-Lienz jedoch ein Werk, das nicht zu Repräsentationszwecken taugt, vielmehr von Beginn an für Zündstoff sorgt. Denn die düstere Stimmung des Gemäldes, das sich zudem mit keinem bestimmten Ereignis des Jahres 1809 in Verbindung bringen lässt, wird im Rahmen der Feierlichkeiten als Provokation empfunden. Zeigt es doch eine Gruppe schicksalsergeben in den Kampf ziehender Männer, wohl wissend, schon bald Beute des Todes zu sein. Der Thronfolger Franz Ferdinand fasst es für sich so zusammen: „Wenn das meine Soldaten sehen, gehen sie nicht mit.“ (Und vereitelt Egger-Lienz in der Folge die mögliche Akademieprofessur in Wien.) So gilt der "Totentanz", von dem Egger-Lienz sechs große Fassungen ausführt, zurecht als Symbolbild für "Die Schlafwandler – Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog" (dies der Titel des grundlegenden Buches zum Thema von Christopher Clark).
Der Maler hat nach der Erstfassung, mit der er seine mittlere, monumental-dekorative Schaffensperiode einleitet, nicht nur fünf weitere, z. T. sehr unterschiedliche Varianten, sondern auch diverse Detailfassungen gestaltet. Die vorliegende zeigt den mittleren der fünf Bauern, festgehalten in der für den Maler typischen prägnanten, plastisch-linearen Formensprache und von Braun-Ockertönen bestimmten Farbigkeit: mit dem angedeuteten geschulterten Morgenstern, dem flachen bäuerlichen Hut, der kräftigen Adlernase und dem betont markanten Kinn. Als Einziger der Bauern wendet er sich dem Betrachter zu und seine Augen scheinen anzudeuten: Macht der Weg, den ich beschreite, wirklich Sinn?
Eggers eigener Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg dauert nur zwei Wochen, danach ist er als „Kriegsmaler in Zivil“ tätig und schafft (nach propagandistischen Zugeständnissen) eine Reihe von Werken, die als unbarmherzige Zeugnisse für die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ in das kollektive Gedächtnis eingehen. (Carl Kraus)