Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

30. November 2016, 18:00 Uhr

1031

Arnulf Rainer*

(Baden 1929)

„Die Erzeugung des Burjewscher Effekt“
Übermalte Fotografie; gerahmt
49,5 × 59,7 cm
Bezeichnet und signiert rechts unten: A. Rainer

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Schätzpreis: € 12.000 - 24.000
Ergebnis: € 25.080 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

In den späten 1960er Jahren beginnt sich Arnulf Rainer ein Bildarchiv mit Selbstdarstellungen auf Fotografien zuzulegen. Die frühesten Aufnahmen entstehen im Automaten am Wiener Westbahnhof, dann werden die Shootings professioneller. Er engagiert einen jungen Fotografen (Alexander Prinzjakowitsch), der den Künstler im Atelier aufnimmt. Bei diesen Performances, die stets unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, stellt Rainer die unmöglichsten Posen nach, bewegt sich exaltiert und blickt grotesk drein. Man erinnert sich an die Charakterköpfe Franz Xaver Messerschmidts, die gegen Ende der 1970er Jahre selbst als Basis für Übermalungen dienen.

Aus der Unzahl an Aufnahmen sucht Rainer einzelne Bilder aus, die er dann mit Ölfarbe, Ölkreide und verschiedenen Stiften farbig oder schwarz übermalt. In manchen Arbeiten wird die Oberfläche mittels Kratzen, Ritzen oder Schmieren zusätzlich verändert. Es entstehen die Serien Face Farces (1969 – 1972) und Body Poses (1973 – 1975), in denen die fotografisch festgehaltene Pose und ihre psychischen Ausdrucksmomente durch die Bearbeitung verändert oder verstärkt werden. „Es geht um das Herausheben, um ein Ans-Licht-Bringen von Feinheiten, um eine Hommage. Es findet eine Art Kommunikation statt, die im Ergebnis dieses künstlerischen Zwiegesprächs zu einer neuen Blüte des Ausdrucks führt.“ (Arnulf Rainer im Gespräch mit Antonia Hoerschelmann, in: Arnulf Rainer. Ausstellungskatalog, Albertina, Wien 2014/2015, S. 202)

In „Die Erzeugung des Burjewschen Effekt“ verstärkt die gemalte Bogenform den Verlauf der seitlich weggestreckten und zur Hüfte hin angewinkelten Arme. Kräftige Rottöne kontrastieren mit tiefem Schwarz. Diese Farben werden auch in der mittleren Bildachse in der Vertikale aufgenommen, wo der energiegeladene Farbstrang über das Brustbein zu den Hüften hin führt, in etwa dort wo die Wirbelsäule sitzt. Die schmerzhaft verzogenen Gesichtszüge mit den geschlossenen Augen werden durch weitere Striche teils überlagert, teils konterkariert Die Fotografie tritt in den Hintergrund, das Malerische übernimmt die Führung. Energien und Kräfteverhältnisse werden sichtbar gemacht. Es geht Arnulf Rainer darum den „starren Fotos jene Dynamik und Spannung aufzumalen, die“ ihn „bei der Fotoaufnahme erfüllten“ (Arnulf Rainer. Abgrundtiefe. Perspektive. Retrospektive 1947 -1997, Ausstellungskatalog, Kunsthalle Krems, Krems 1997, S. 147). Er schreibt 1971/1972: „So akzentuiere ich durch die Überzeichnung meine Körperexpression und analysiere graphisch Motorik und Gestik.“ (s. o., S. 147). Gleichzeitig geht es aber auch um die Erweiterung des Malereibegriffes, den Arnulf Rainer in einer radikalen Art und Weise neu interpretiert. (Sophie Cieslar)