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Albin Egger-Lienz
(Stribach bei Lienz 1868 - 1926 St. Justina bei Bozen)
„Madonna mit Kind (Weihnacht)“
1914
Pastell auf Papier auf Karton
64 × 57 cm
Signiert und datiert links unten: A. Egger-Lienz 1914
Provenienz
Maria Pölsler, Bozen, in den 1920er Jahren direkt vom Künstler erhalten (als Gewinn bei einer Wohltätigkeits-Tombola in Bozen);
seither in Familienbesitz (österreichischer Privatbesitz)
Wir danken Carl Kraus für die Begutachtung im Original und die freundliche Unterstützung.
Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Meistbot: € 40.000
Auktion ist beendet.
Albin Egger-Lienz hat dieses Bild in den 1920er Jahren anlässlich einer Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten Kriegsversehrter des 1. Weltkrieges in Bozen gespendet und Maria Pölsler, der Gewinnerin des ersten Preises der Tombola, persönlich übergeben. Das Bild befand sich seither in Familienbesitz.
Als Albin Egger-Lienz im Jahr 1888 während seines Münchner Akademiestudiums auf einer Ausstellung erstmals Fritz von Uhdes Triptychon „Heilige Nacht“ sieht, ist er tief beeindruckt von dessen Realistik und gleichzeitiger Intimität. Es dauert jedoch eineinhalb Jahrzehnte – inzwischen ist er als erfolgreicher (Historien)-Maler in Wien ansässig –, bis er das Thema selbst aufgreift. Wie stets in seinem Schaffen nähert sich der Maler der Aufgabe in vielen Skizzen und Einzelstudien, die er insbesondere in seiner Tiroler Heimat ausführt. Das Vorbild Uhde formt er dabei ganz im Sinne der eigenen Bildvorstellungen um und ersetzt u.a. die Triptychonform durch eine räumliche Einheit. Es ist Nacht und Maria und das Jesuskind werden im Stall von einer Laterne in ein warmes magisches Licht getaucht, das auch auf Josef, eine Magd und die Hirten ausstrahlt. Ein Bild, das aus einer tiefen Empfindung heraus entstand, auch deshalb, da dem Künstler sein im Jänner 1903 geborener Sohn Fred als Modell für das Jesuskind diente.
Von dieser „erdnahen“ und zugleich feierlich-magischen Stimmung ist auch die vorliegende „Madonna mit Kind“, welche die zentrale Mittelgruppe aus der „Heiligen Nacht“ herausgreift, beseelt. Die der mittleren Schaffensphase Eggers entsprechende Reduktion und Vereinfachung der Form sowie das prägnante Licht-Schattenspiel – man beachte etwa die diagonale Zweiteilung des Hintergrunds – verleihen dem Bild große Unmittelbarkeit und etwas Emblematisches: des Wunders der Heiligen Nacht, aber auch der Mutterschaft im Allgemeinen. Egger-Lienz selbst erfährt von seiner leiblichen Mutter, der Bauerntochter Maria Trojer, erst mit Mitte Zwanzig, mit der ihn dann ein enges Verhältnis verbindet.
Die große Popularität des Motivs „Madonna mit Kind“ führte dazu, dass es der Maler in einer größeren Anzahl an Fassungen und Wiederholungen gestaltet (siehe W. Kirschl, Albin Egger-Lienz. Das Gesamtwerk, Wien-München 1996, Werkverzeichnis M 392, M 554 – 562, M 649, M 681, Z 278, Z 335, Z 466 – 472). Stammt der Großteil davon aus der Nachkriegszeit, so entsteht die vorliegende Pastellfassung bereits im Dezember des ersten Kriegsjahrs und zeichnet sich durch ein in seiner Reduktion auf Ocker- und Brauntöne höchst ausdrucksvolles, aus der Tiefe heraus leuchtendes Kolorit aus. (Carl Kraus)