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Theodor von Hörmann
(Imst/Tirol 1840 - 1895 Graz)
„Ein sonniger Nachmittag am Quai du Louvre in Paris“
um 1888
Öl auf Leinwand
90 × 125,6 cm
Signiert rechts unten: Theod. Hoermann
Provenienz
europäischer Privatbesitz
Ausstellung
Theodor von Hörmann. Von Paris zur Secession, Leopold Museum Wien, 29. April - 29. August 2016
Literatur
Marianne Hussl-Hörmann/Hans-Peter Wipplinger (Hg.), Theodor von Hörmann. Von Paris zur Secession, Ausstellungskatalog, Leopold Museum Wien, 2016, S. 54-57
Das Bild wird von Frau Dr. Marianne Hussl-Hörmann unter der Nummer I.295-E in den Nachtrag des Werkverzeichnisses Theodor von Hörmann aufgenommen.
Schätzpreis: € 300.000 - 400.000
Auktion ist beendet.
Das Gemälde „Ein sonniger Nachmittag am Quai du Louvre in Paris“ von Theodor von Hörmann ist eine sensationelle Neuentdeckung am Kunstmarkt, die im Zuge der Recherchen für die Retrospektive im Leopold Museum in Wien 2016 erfolgte. Das Motiv war zwar bekannt, aber nur in einer kleineren, heute verschollenen Vorstudie in einer Abbildung eines alten Auktionskataloges (Abb. 1). Die prominente Ansicht von Paris und die großen Bildmaße lassen ein Auftragswerk vermuten, weshalb es nie dokumentiert werden konnte.
Das Gemälde, das um 1888 in Paris entstanden und mit der französischen Schreibweise des Namens signiert ist, gehört zu den wenigen am Markt vertretenen Beispielen aus der entscheidenden Werkperiode in Paris zwischen 1887 und 1889. Diese drei Jahre bilden eine markante Zäsur in Hörmanns Entwicklung, in der er sich vom Autodidakten und strengen Realisten zum ersten impressionistischen Maler Österreichs wandelte, um in den danach folgenden letzten fünf Jahren zu einem Wegbereiter der Wiener Secession und der Moderne zu werden.
Paris ermöglichte Hörmann erstmals den Kontakt mit dem Impressionismus, der Mitte der 1880er aber noch am Beginn seines internationalen Erfolges stand. In Ausstellungen der berühmten Galerie Georges Petit waren regelmäßig Werke der wichtigsten Vertreter zu sehen, u.a. eine große Retrospektive von Claude Monet, dessen neue Licht- und Farbauffassung ihn nachhaltig beeinflusste. Mit seiner Staffelei begab sich Hörmann in die Jardins de Tuileries, zur Baustelle des imposanten Eiffelturmes und zu den prachtvollen Blumenmärkten. Spontan und unmittelbar erfasste er vor Ort die Stimmungen des Augenblicks. Und an einem sonnigen Nachmittag setzte er sich auch an den Quai du Louvre und genoss das bunte Treiben auf den Straßen und den herrlichen Blick auf die Pont Neuf, wo im Hintergrund die Türme von Notre Dame zu erkennen sind.
Mit seiner ungewöhnlichen Kombination aus detailgenauer Schilderung und feinsten Farbauflösungen stellt dieses Gemälde ein eindrucksvolles Dokument einer neuen Bildauffassung an der Schwelle zur Moderne dar. Modern war allein schon die Wahl des Motivs: Eine Momentaufnahme im Alltag der Stadt. Von einer etwas erhöhten Position aus wird die Situation erfasst, so unmittelbar wie eine schnelle Fotografie. Ganz bewusst wird so die Figur des Mannes am vorderen Rand abgeschnitten und auch das Geländer wird als eigenartige Sehbremse unmittelbar nach dem Bildeinstieg belassen. Ein Vergleich zu Gustave Caillebotte (1848 - 1894) liegt nahe, der ebenso bevorzugt erhöhte Standpunkte einnahm und betonte Nahaufnahmen in scharfe Tiefenlinien übergehen ließ.
Die vielen narrativen Details im Gemälde - spielende Kinder, flanierende Damen, laute Kutschen – zeigen aber auch Parallelen mit den Bildern von Jean Béraud (Abb. 2), dem überaus populären Chronisten des Pariser Lebens. Dessen eher harte und präzise Formensprache weiß Hörmann jedoch mit der malerischen Poesie des Impressionismus zu verbinden, die alles mit einem weichen Schleier aus Licht und Atmosphäre überzieht. Jede der fein komponierten Farben löst sich in eine Vielzahl dichter Pinselflecken auf, um - wie schon Claude Monet oder Camille Pissarro erkannten - ein Höchstmaß an farbiger Intensität zu erreichen (Abb. 3).
Mit dem Gemälde "Ein sonniger Nachmittag am Quai du Louvre in Paris" hat Theodor von Hörmann zweifellos eine zeitlose Impression geschaffen, mit der er sich in die Liga der internationalen Avantgarde einordnen lässt. Es ist aber auch ein einmaliges Dokument für die Schönheit und für das ganz spezifische Flair von Paris. (MHH)