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Auktion: Antiquitäten

13. April 2016, 15:00 Uhr

0610

Johann Rint

(Kukus/Böhmen 1815 - 1900 Linz)

„Musealer Jagdhumpen“
Böhmen, vor 1848
Buchsbaum, geschnitzt; walzenförmiger, leicht konischer Korpus, rundum äußerst fein und detailreich mit Jagd- und Galanterieszenen in einer Wald- und Felsenlandschaft reliefiert geschnitzt, mit Pferden, Kutschen und Architekturstaffage, den oberen und unteren Abschluss bilden Jagdsymbole, Rocaillen und Akanthus; seitlich vom Henkelansatz an einem Stein signiert: "J. Rint Kukus"; Scharnierdeckel mit liegenden Rehen in einer Grube, Hunden und Hasen, von einem aus C-Bögen geformten Baldachin bekrönt; reich mit Akanthus verzierter Henkel mit 2 Jägermedaillons; meisterliche Schnitzarbeit in sehr schönem Erhaltungszustand
H. 24,5 cm

Provenienz

bis 1966 Privatsammlung, Nürnberg;
Privatsammlung, Deutschland

Literatur

vgl. Benno Ulm, Sonderausstellung Johann und Josef Rint, die Bildschnitzer Adalbert Stifters, Schlossmuseum Linz 1968, in: Adalbert Stifter-Institut Vierteljahrsschrift, Jg. 17, 1968, Folge 3, 129-185

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Auktion ist beendet.

Johann Rint war Autodidakt, der sich bereits in sehr jungen Jahren mit dem Schnitzen von Krippenfiguren und Pfeifen seinen Lebensunterhalt verdiente. Schnell erkannten kunstsinnige Persönlichkeiten aus seinem Umfeld sein großes Talent und beauftragten ihn mit immer bedeutenderen Aufträgen. So fertigte er auch für Kaiser Ferdinand ein Schreibzeug an, von dem dieser dermaßen begeistert war, dass er ihm das doppelte Honorar bezahlte. Seine guten Kontakte führten Rint zu Graf Georg Buquoy, der in dieser Zeit die Burg Rosenberg an der Moldau adaptieren und zum Teil neu einrichten wollte. Rint wurde mit der Restaurierung der Renaissance- und Barockmöbel, reliefierierter und intarsierter Türen und Bilderrahmen beauftragt. Nachdem Graf Buquoy aufgrund der Währungsabwertung 1848 die Arbeiten am Schloss beenden musste, reiste Rint nach Linz, wo er auch seine neue Heimat fand. In den Jahren 1852-1855 restaurierte Rint gemeinsam mit seinem damals erst 14jährigen Sohn Joseph den Kefermarkter Altar. Die Leitung hatte Adalbert Stifter inne, der zu seinem wichtigsten Fürsprecher und gutem Freund wurde. 1858–1862 arbeitete Rint an der bildhauerischen Wiederherstellung des Pacher-Altares in St. Wolfgang. Nachdem Rint den sog. "Kaiserpokal" (KHM Wien, Inv.-Nr. 6700) für Kaiserin Elisabeth schuf, wurde er 1865 zum kaiserlichen Hofbildschnitzer ernannt.

Der Jagdhumpen ist ein Paradebeispiel für die meisterliche Miniatur-Schnitzkunst Johann Rints. Detailverliebt und präzise schildert er das Jagd- und Landleben, begleitet von historisierenden Stilelementen, die sich durch sein gesamtes Schaffen ziehen. Jeder noch so kleine Bereich ist kunstvoll ausgeführt. Selbst nach längerem Bestaunen, entdeckt der Betrachter neue Details, die sogleich große Bewunderung für Rints Fingerfertigkeit hervorrufen. Da Rint seiner Signatur am Stein seitlich des Henkelansatzes den Beisatz "Kukus" hinzufügte, dürfte der Krug wohl noch vor seiner Linzer Zeit entstanden sein.