Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

06. Oktober 2015, 14:00 Uhr

0455

Jannis Kounellis*

(Piräus/Athen 1936 - 2016 Rom)

„o.T.“
um 1960
Tusche auf Papier
70 × 100 cm
Signiert rechts unten: Kounellis

Provenienz

in den 1980er Jahren direkt beim Künstler erworben; seither Privatbesitz, Italien

Fotozertifikat mit Signatur des Künstlers, 16. 06. 1991, liegt bei.

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Auktion ist beendet.

Der griechische Maler, Performance Artist und Bildhauer, Jannis Kounellis gehört 1967 zu den Mitbegründern der Arte Povera Bewegung in Italien. Ab 1963 experimentiert er mit der Einbeziehung der unterschiedlichsten Materialien in seinen Installationen und Malereien. Um 1960 allerdings sind es Buchstaben und Symbole, die sogenannten „Alphabete“, die seine Kunst bestimmen. In einer Reaktion auf das zu der Zeit dominierende Informel, holt er die Klarheit in die Kunst zurück. Einerseits geht es ihm um die Darstellung von Zeichen und Symbolen, die unseren Alltag und unsere Zivilisation bestimmen, andererseits aber um die Einfachheit und Geradlinigkeit der Form. Auch die Reduktion auf Schwarz und Weiß in der Darstellung kann in diesem Sinne interpretiert werden.

„Ohne Titel“, um 1960 entstanden, gehört zu dieser Serie der „Alphabets“, die der Künstler in Ausstellungen in der Galleria La Tartaruga in Rom zeigt. In dieser Werkfolge thematisiert er die Fragmentierung der Sprache und die Mehrdeutigkeit der Zeichen, die uns umgeben. Gleichzeitig erinnern die Schrift-, Ziffern- und Buchstabenbilder in ihrem Aufbau an Partituren, mit mehreren Stimmen, die einander ergänzen und überlagern. Manche dieser Bilder entstehen in der Galerie im Zuge von Performances. Während des Malens werden dabei die Buchstaben und Nummern gesunden. Jannis Kounellis hält solche Aktionen aber auch in seinem Atelier ab und tritt dabei im Sinne des Dadaismus und in Anlehnung an dessen Mitbegründer Hugo Ball verkleidet auf. Ball war ein Pionier des Lautgedichts.

Die Zahl 4 und der Buchstabe S tanzen auf dem Papier in unterschiedlichen Höhen, Pfeile geben eine Richtung vor und scheinen eine vermeintliche Verbindung zwischen Zahl und Buchstabe zu schaffen. Links davon stehen ein Gleichheits- und ein Pluszeichen leicht versetzt übereinander. Auch sie wirken als hätten sie den für sie vorgesehenen Platz noch nicht erreicht. Im Geiste schiebt der Betrachter die Zeichen auf dem Papier hin und her, um Klarheit in diese rätselhafte Formel zu bringen. Jannis Kounellis hinterfragt uns Vertrautes, kombiniert es auf ungewöhnliche, manchmal befremdende Art und Weise und sucht doch „auf dramatische Weise nach Einheit, obwohl sie unerreichbar ist, obwohl sie utopisch ist, obwohl sie unmöglich und, aus all diesen Gründen dramatisch ist" (Jannis Kounellis, auf: www.art-in.de/biografie.php?id=751&-Jannis-Kounellis). (Sophie Cieslar)