Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

06. Oktober 2015, 14:00 Uhr

0456

Max Weiler*

(Absam bei Hall i. Tirol 1910 - 2001 Wien)

„Bild vom Baum“
1986
Eitempera auf Büttenpapier; ungerahmt; mit Rahmen ausgestellt (Der Rahmen kann bei Interesse erworben werden. Preis auf Anfrage!)
105 × 62 cm
Signiert und datiert rechts unten: Weiler 86
Bezeichnet links unten: Bild vom Baum

Provenienz

österreichische Privatsammlung

Das Blatt ist im Werkverzeichnis Max Weiler Zeichnungen/Arbeiten auf Papier (online Ende 2015) unter der Nummer Weiler3567 angeführt.

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 23.760 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Malen auf Papier

Weilers Spätwerk – ab seinem zweiundfünfzigsten Lebensjahr– erscheint insgesamt als breit und kontinuierlich fließender Strom reifer Werke. Genauer besehen, ist dieses Spätwerk aber bis zuletzt eine Fortsetzung seines manischen Forschens und Experimentierens mit den Medien Malerei und Zeichnung, die sein Werk von Anfang an charakterisieren. Nur unter neuen Vorzeichen. Hatte er doch 1962 endlich das geheime Wesen der Natur und dazu gleich auch noch die Natur der Malerei in seinen Probierblättern gefunden. Das hinderte den Künstler aber keineswegs sich weiterhin, sozusagen unter neuen Rahmenbedingungen, unablässig neuen Aufgaben zu stellen um sein beiden Metiers zu verfeinern und zu vertiefen. Wechselnde Aufgabenstellungen führen dementsprechend auch zu klar erkenn- und unterscheidbaren Werkphasen in beiden Medien. Oft mit fließenden Übergängen, manchmal mit deutlichen Zäsuren.

„Bild vom Baum“ von 1986 gehört zu einem der vielen zwischen 1981 und 1990 entstandenen Werkblöcken auf Waldviertler Papier. Das großformatige Blatt ist, wie der ganze zugehörige Zyklus, reine Malerei, durchaus ungewöhnlich für Weilers Umgang mit dem Material Papier, das er üblicherweise dem graphischen Ausdruck vorbehielt. Es ist aber, wie die anderen Blätter dieser Serie, typisch für eine neue Expansion des Malerischen, die ab 1986 aus biographischen, aber auch aus werkimmanenten Gründen vehement einsetzte. Die Jahre zuvor waren nämlich vor allem einerseits der Weiterentwicklung der reinen Zeichnung und andererseits der Suche nach einer Synthese von Zeichnung und Malerei gewidmet. In der gleichgewichtigen Verschränkung von Linie und Farbe hatte Weiler schon Anfang der 80er Jahre Perfektion erreicht, sowohl auf Papier wie auf Leinwand. In der reinen Zeichnung hatte er dann 1985, im Todesjahr seiner ersten Frau Gertrud, mit „Naturgebild“, einer Kohlezeichnung im Format 2.09 mal 10.03 Meter einen monumentalen, unüberbietbaren Höhepunkt gesetzt. Das kurzzeitig erlahmende Interesse des Künstlers am Graphischen ist somit verständlich. Es waren aber wohl auch biographische Gründe, die ihn letztlich nach einer Periode des Experiments und des Suchens in eine ganz andere Richtung geführt haben.

Im Entstehungsjahr von „Bild des Baums“ beginnt eine vehement malerische Phase des Künstlers, die man als Fest der Farbe und des Lebens charakterisieren könnte. Die neu erwachte Vitalität Weilers äußert sich nicht nur in dynamischeren Formen, bildsprengenden Kompositionen, kräftiger Farbigkeit und teils großen Formaten, sondern auch in einer immens anschwellenden Produktivität. Es beginnt in dieser Zeit die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Yvonne Fahlström, die 1991 seine Frau wird. Die Expansion der Malerei greift jetzt auch auf die Papierarbeiten über. In den großen, gestreckten Formaten auf Waldviertler Papier gleicht sie sich in jeder Hinsicht den Leinwandarbeiten an. Die feine und flüchtige Vorzeichnung spielt zwar unauffällig mit, bleibt aber wie in den Leinwänden nur Hilfsmittel und ist nicht mehr konstituierendes Element der Komposition. Es ist eine Malerei auf Papier, die sich auf Abbildungen gar nicht mehr als solche identifizieren lässt.

Im Vergleich mit den anderen Blättern des Zyklus dieser Malereien auf Papier zwischen 1986 und 1990 fällt das „Bild vom Baum“ nicht nur durch die besonders fein differenzierte Behandlung des Vorder- und Hintergrunds beziehungsweise der „nassen“ Partien auf. Das Werk zeigt auch sonst durchaus auffällige Eigenheiten, zum Beispiel die Komposition. Die Formen drängen sich nicht wie sonst von den Rändern ins Bild, das hier von einem zentralen Motiv dominiert wird: einem schweren, längsgestreckten, gründunkeln Körper, der zwar dicht strukturiert, aber schwerlich als Baum zu deuten ist. In seiner Kompaktheit erinnert er eher an einen moosbewachsenen Felsen. Dem Baum fehlt jedenfalls jene Erdanbindung oder Verwurzelung, die sonst alle mit „Baum“ bezeichneten Bildwerke Weilers im Vergleich aufweisen – sie würde allerdings auch dem schwebenden Felsen fehlen. Die Les- oder besser Interpretierbarkeit seiner im Wesen radikal abstrakten Malerei war aber ein Anliegen des Künstlers. Die gewünschte Leserichtung gab er mit lapidaren und eigentlich immer treffenden Titeln vor: ob nur „Baum“ oder „Roter Baum“, ob „Schirmbäume“ oder „Lichte Bäume“, wir sehen plötzlich, was er uns suggerieren will. Der Titel ist die Zaubertinte die das Motiv erst erzeugt. „Bild von ...“ irgendetwas lässt sich aber unter tausenden Titeln Weilers nicht finden. Mit dem „Bild vom Baum“ gibt uns Weiler also ein kleines Rätsel im großen Rätsel der Malerei auf. (Edelbert Köb)