Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

06. Oktober 2015, 14:00 Uhr

0457

Friedensreich Hundertwasser*

(Wien 1928 - 2000 vor Brisbane, Australien)

„Chemin A Travers Une Fleur Der Weg Der Durch Eine Blume Führt Path Through A Flower“
1958
Aquarell auf mit Zinkweiß in Fischleim grundiertem Packpapier
45 × 64 cm
Signiert und datiert unten mittig: Hundertwasser 58

Provenienz

Galerie Kamer, Paris 1985; Privatsammlung Israel; 1994 bei den Wiener Kunstauktionen (Auktionshaus im Kinsky) erworben; seither österreichische Privatsammlung

Ausstellung

Galerie Kamer, Paris 1958; Tel Aviv Museum 1976

Literatur

Andrea Christa Fürst, Hundertwasser 1928-2000, Werkverzeichnis-Catalogue Raisonné, Vol II., Köln 2002, WV-Nr. 357, Abb. S. 356; Ausstellungskatalog, Tel Aviv Museum, 1976, S.171; Ausstellungskatalog, National Gallery of Iceland, 1976, S.171

Das Bild ist im Werkverzeichnis-Catalogue Raisonné Volume II unter der Werkverzeichnisnummer 357 verzeichnet.

Schätzpreis: € 75.000 - 150.000
Ergebnis: € 131.500 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

DER WEG DER DURCH EINE BLUME FÜHRT
Grüne und gelbe Linien, rote Farbfelder und anorganische Formen sind die Ingredienzien, die Friedensreich Hundertwasser für seine Arbeit „Der Weg der durch eine Blume führt“ aus dem Jahr 1958 verwendet. Man wird in diesem Werk Zeuge einer unverkennbaren Bildsprache, die der österreichische Künstler im Laufe seines Schaffens noch verstärkt hat und die sehr starke ästhetische aber auch ökologische, soziale und politische Facetten inkludiert.
Das Bild wirkt zweigeteilt. In die rechte, klar gegliederte grüne Fläche, die eine Blattstruktur andeutet, und in die andere, hereinragende, organische und durch die kräftige Farbgebung, fast spielerisch anmutende Hälfte, die Assoziationen mit einer Blüte weckt. Die rot – grüne Linie trennt die beiden und erzeugt Spannung und Energie. Sie ist das zentrale Gestaltungselement. Hundertwasser war Maler und nicht Zeichner und dennoch ziehen sich die Konturen, die scharfen Linien durch sein gesamtes Oeuvre.
„Der Weg der durch eine Blume führt“ kann durchaus zu Hundertwassers Frühwerk gezählt werden, das fast in Vergessenheit geraten ist und das, obwohl der Künstler bereits in den 60er Jahren auf der Biennale in Venedig und auch auf der Documenta III in Kassel vertreten war. Vorliegende Arbeit ist ein Aquarell auf mit Zinkweiß in Fischleim grundiertem Packpapier, das sich zuerst im Besitz einer Pariser Galerie und später dann in einer israelischen Privatsammlung befand bevor es 1994 zurück nach Österreich, und hier in private Hände, kam.
Friedensreich Hundertwasser kennt man heute weltweit. Man denkt zuerst einmal an seine auffallenden Bilder, die oft aus konzentrischen Kreisen und aus starken Linien bestehen. Ein wesentlicher Teil der Wirkung seiner Malerei kommt aus den leuchtenden, intensiven Farben. Auffallend ist, dass Hundertwasser gerne Komplementärfarben unmittelbar nebeneinander setzt. Man denkt aber auch an die bunt verzierten Häuser des Künstlers. Sie sind Ausdruck seines Bestrebens, die von Menschen gemachte Umwelt zu optimieren. Hundertwasser kämpfte für eine lebenswerte, naturnahe Wohnumgebung und musste sich für seine Bautätigkeit auch die Kritik gefallen lassen, seine Arbeit sei populistisch. In Erinnerung die unvergessliche und schillernde Persönlichkeit des Künstlers und seine Rolle als ökologischer Mahner.
Friedrich Stowasser, als der er geboren wurde, begann als junger Mann mit dem Bleistift in der Natur zu zeichnen. Der Autodidakt, der nur einige wenige Monate an der Akademie studierte, war unter anderem vom Wiener Jugendstil und von der Architektur des Spaniers Antoni Gaudi beeinflusst und entwickelte daraus eine Malweise die durch mosaikartige, labyrinth- und spiralförmige Formen charakterisiert ist. Geschwungene Linien waren zeitlebens Ausdruck seiner Liebe zur Natur.
In seinem „Verschimmelungsmanifest – gegen den Rationalismus in der Architektur“, das Friedensreich Hundertwasser 1958, im selben Jahr, in dem das hier zum Verkauf stehende Bild entstanden ist, an die Öffentlichkeit brachte, polterte er: „Das Lineal ist das Symbol des neuen Analphabetentums. Vor nicht allzu langer Zeit war der Besitz der geraden Linien ein Privileg der Könige und Gescheiten. Heute besitzt jeder Depp Millionen von geraden Linien in der Hosentasche“. (Hundertwasser, 1958, Verschimmelungsmanifest. In: Schöne Wege, S 165, ff)
Dem stellt Friedensreich Hundertwasser als gestaltendes Element seiner Malerei die gebogene Linie entgegen. Die aufeinanderfolgenden Perioden sind stilmäßig nicht eindeutig voneinander abzugrenzen. Einer der Gründe dafür ist, dass der Künstler oft mehrere Werke gleichzeitig und manchmal auch über eine lange Zeit hinweg in Arbeit hatte. Bis in die späten 60er-Jahre beschäftigt sich Hundertwasser hauptsächlich mit Malerei, danach immer häufiger mit Graphik, mit künstlerischen Aktionen , mit Gold- und Silberapplikationen und mit Architektur. Sein gesamtes Werk lässt die Freude am Experimentieren erkennen. (Clarissa Mayer-Heinisch)