Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

12. Mai 2015, 17:00 Uhr

0013

Norbertine Bresslern-Roth*

(Graz 1891 - 1978 Graz)

„Kranichzug“
vor März 1937
Öl auf Jute
120 × 100 cm
Signiert links unten: B. Roth
Rückseitig eigenhändig gewidmet: Frohe Weihnacht 1940! N.v.Bresslern-Roth

Provenienz

1940 direkt von der Künstlerin erworben; seither in Besitz der Familie des ersten Eigentümers (Privatbesitz, Schweiz)

Literatur

Radio Wien, 19. März 1937 /XIII. Jg / Heft Nr. 25, Abb. S. 8

Das Bild wird von Frau Dr. Christa Steinle, Universalmuseum Joanneum Graz, in das in Vorbereitung stehende Werkverzeichnis aufgenommen.

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 66.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Das Gemälde "Kranichzug" nimmt den Blick durch einen raffiniert gewählten Betrachterstandort gefangen: In unmittelbarer Nahdistanz und auf Augenhöhe beobachten wir den Flug parallel zur Bildfläche vorbeiziehender Kraniche vor einer mit Wolken bedeckten Himmelsfläche. Auf die darunter liegende Küstenstadt, an deren Meeresufer einige Boote ankern, blicken wir privilegiert aus der Vogelperspektive. Aus den Fenster- und Türöffnungen der eng aneinandergereihten Häuser dringt künstliches Licht, das sich im Wasser spiegelt und den romantischen Stimmungscharakter betont. Virtuos taucht die Malerin die Darstellung in eine harmonische weiß-graue und teils ins Bräunliche gehende Tonigkeit, unterbrochen nur vom sanften Blau des Wassers und belebt durch die hie und da aufflackernden orangen Lichtakzente wie auch den starken Hell-Dunkel-Kontrast des Vogelgefieders. Bemerkenswert ist die hohe dekorative Qualität der streng kalkulierten, durch viele Formkorrespondenzen bereicherten Bildkomposition.

Norbertine Bresslern Roths Gemälde fanden schon in den 1920er Jahren viel Anerkennung und wurden weltweit gesammelt. Ihre erste künstlerische Ausbildung genoss die Malerin an der Steirischen Landeskunstschule und an der Tiermalschule in Dachau. In Wien zeigte sich Ferdinand Schmutzer 1912 derart beeindruckt von ihrem Talent, dass er sie in sein Akademieatelier aufnahm, obwohl Frauen offiziell erst ab 1921 an der Kunstakademie studieren durften. Nach einer erfolgreichen ersten Ausstellung in der Wiener Secession 1914 ließ sich Norbertine Roth 1916 als freischaffende Künstlerin in Graz nieder. Den eigentlichen künstlerischen Durchbruch erlebte sie 1918 mit einer ersten Personale in ihrer Heimatstadt. In späteren Jahren unternahm sie Reisen durch ganz Europa, wo sie sich in Tiergärten und in der freien Natur zu Tierstudien inspirieren ließ. Die Bedeutung der en plein-air entstandenen Skizzenblätter als Grundlage ihrer Gemälde hat die Künstlerin selbst betont: "Ich brauche die unmittelbare Beziehung zum lebendigen Tier, brauche diese Aufzeichnungen der Wirklichkeit, damit sich in mir die Ideen formen, die ich später male. Und noch mehr brauche ich die Freude des Schauens, die untätig stille, liebevolle Versenkung in die Schönheit, den Adel, die wilde Kraft oder die Zärtlichkeit der Tiere."
(CMG)