Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

26. November 2014, 15:00 Uhr

0487

Arnulf Rainer*

(Baden 1929)

„Vertikalgestaltung“
1951
Öl auf Sackleinen
104 × 43 cm
Signiert und datiert rechts unten: TRR 51

Provenienz

Aus einer österreichischen Sammlung

Schätzpreis: € 70.000 - 140.000
Ergebnis: € 131.500 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Informel ist kein einheitlicher Stil, es ist eine künstlerische Haltung. Es geht um die Fähigkeit des Einzelnen bewusst individuelle Formen entstehen zu lassen und damit die Kraft des Unwillkürlichen und Unbewussten und folglich des Ungeformten zu aktivieren und diese durch entsprechende Gestaltung zu kultivieren.

Mit dieser Strömung kam Arnulf Rainer erstmals auf seiner Paris Reise, gemeinsam mit Maria Lassnig, im Sommer 1951 in Berührung (Ausstellung in der Galerie Nina Dausset mit neuen Arbeiten von Hans Hartung, George Mathieu, Jackson Pollok und Paul Riopelle). Der Surrealismus unter Führung von André Breton hatte für ihn an Kraft verloren. Die individuelle Geste wird für seine Arbeiten nun bestimmend und gipfelte in atomarer Malerei, Blindmalerei und im „Expressiven Subjektivismus“ seiner Zentral- und Vertikalgestaltungen. Diese sind besonders ungestüm und einzigartig aufgrund der individuellen, unnachahmlichen und authentischen Strichführung Rainers. Es ist nicht nur eine Linie, sondern es sind viele Linien übereinander, die sich verdichten, ausbreiten, verflüchtigen. Auch hier bereits die Tendenz zur Übermalung allerdings in einem Arbeitsgang. In der Geste bzw. in der „Gewalt der Geste“ (er)fand Rainer hier eine neue Ausdrucksform. Es entstanden mehrere Arbeiten auf Papier und nur einige wenige auf grundierter Jute wie die Vorliegende. Senkrechte der Körpermotorik entsprechende Linien, bündeln sich im oberen Drittel, dem Zentrum der Vertikale und laufen verdünnt in die untere Hälfte aus. Jeder Strich ist eine Erwiderung auf den vorhergegangenen. 1952 war diese radikale und aggressive Ausdrucksform, ein möglicher Ansatzpunkt bei Rainers Suche nach der „Urform der Malerei“ wie er es in seinem zur gleichen Zeit entstandenen Text „Malerei, um die Malerei zu verlassen“ beschreibt. (in: Arnulf Rainer, Schriften. Hrg. Corinna Thierolf, Ostfildern 2010, S14)

Die Methode des Informel und des abstrakten Realismus war mit einem Neuanfang verbunden, mit einer völlig neuen künstlerischen Orientierung. Vertikalisationen und Zentralisationen sind Rainers individuelle Essenz aus den gleichzeitigen internationalen Strömungen einer formlosen Gestaltung.

Rainer sagt über die Wichtigkeit des Informel: „Das Informel ist ein Zustand, in dem man keinen Halt hat. Informel ist kein Selbstzweck. Der Sinn ist, Dinge zu finden, die man nicht kennt, die unbewusst in einem lagern.... Im Informel sind viele Dinge entstanden, die ich dann später einzeln entwickelt habe. Zum Beispiel die Übermalungen, also die Verdunkelung, und dann eine gewisse Expression, eine schnelle, abstrakte Expression, die mir hauptsächlich beim Blindmalen aufgegangen ist... Informel bedeutet mir sehr viel, es ist ein Humus, aus dem man die verschiedensten Dinge entwickeln kann... Informel ist ein Zustand, wo alles möglich ist: ein Zustand der Possibilität... ( Zitate Arnulf Rainer, zusammengefasst aus einem Interview mit Otto Breicha in: Arnulf Rainer, Schriften. Hrg. Corinna Thierolf, Ostfildern 2010, S72-75). (Christa Armann)