Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

24. Juni 2014, 18:00 Uhr

0407

Pieter Coecke van Aelst

(Aelst 1502 - 1550 Brüssel)

„Anbetung der Hirten“
um 1527-1540
Öl auf Holz
92 × 58,5 cm

Provenienz

seit Anfang des 20. Jahrhunderts Sammlung der Familie Dr. Pauls Hamburg/ Basel; Kunsthandel Xaver Scheidwimmer, München; seit Oktober 1977 deutscher Privatbesitz

Literatur

vgl. G. Marlier, Pierre Coeck d'Alost. Brüssel 1966, S. 174-176

Ausführliches Schreiben Linda Jansen, Maastricht, April 2014, liegt bei.

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 57.600 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Wie Linda Jansen in ihrem ausführlichen Bericht darlegt, stellt dieses bislang unbekannte Gemälde eine wertvolle Ergänzung im Oeuvre des Antwerpener Malers Pieter Coecke van Aelst und seiner Werkstatt dar.

Im Jahre 1527 hatte Pieter Coecke van Aelst die Malerwerkstatt seines Schwiegervaters Jan van Dornicke (auch bekannt als der Meister von 1518) übernommen. Sein Frühwerk ist noch stark in der Tradition der Antwerpener Manieristen verwurzelt. Da die heute seinem Namen zugeschriebenen Werke heterogen in Stil und Qualität sind, geht man davon aus, dass auch er Werkstattmitarbeiter und -gesellen hatte. Dennoch kann eine „Kerngruppe“ von Werken unterschieden werden, bei welchen derselbe charakteristische Stil und dieselbe Routine in der Unterzeichnung festgestellt werden kann. Diese Werke gelten heute als diejenigen Gemälde, die unter direktem Einfluss und Aufsicht des Meisters Pieter Coecke van Aelst entstanden sind. Die künstlerischen und maltechnischen Merkmale dieser „Kerngruppe“ können auch in vorliegender „Anbetung der Hirten“ festgestellt werden; beispielsweise in der stilistischen Gestaltung der Figur Mariens,besonders aber in der Ausführung der zum Teil mit bloßem Auge sichtbaren Unterzeichnung.
Die Tafel zeigt die „Anbetung der Hirten“ vor einer antikisierenden Architektur mit Landschaftsausblick. Bekrönt von zwei Engeln wird die zentrale Szene am unteren Bildrand dargestellt: mittig das Christuskind umgeben von zwei weiteren Engeln; links neben ihm betend Maria und dahinter, am linken Bildrand, Joseph mit einer Kerze in der Hand; rechts die ankommenden Hirten, wobei die stehende, bartlose Figur das ganze Geschehen überblickt. Im Landschaftshintergrund ist die „Verkündigung an die Hirten“ dargestellt, also jene Szene, die der „Anbetung“ vorausgeht.
Das vorliegende Werk mit oben geschwungenem Abschluss, entsprechend einer Mitteltafel eines Triptychons, steht einer rechteckigen „Anbetung der Hirten“ im Nationalmuseum, Warschau (vgl. G. Marlier, 1966, S. 175, Abb. 116) stilistisch und kompositorisch besonders nahe. Entsprechen zwar die Grundanlagen der Kompositionen einander, sind dennoch Variationen in einzelnen Details erkennbar, beispielsweise in den Posen der Engel, der Architektur und im Hintergrund. Unterschiede werden auch in der Kopfbedeckung Josephs und vor allem in der Haltung des bartlosen Hirten rechts erkennbar, welcher im Warschauer Gemälde im Dreiviertelprofil und in vorliegendem Gemälde „en profile“ dargestellt wird. Aufgrund von Stil und Technik, Kopftypen und Unterzeichnung, nimmt Linda Jansen an, dass beide Gemälde in einem nahen zeitlichen Rahmen geschaffen wurden, wobei das hier vorliegende Werk dem Warschauer Version zeitlich vorrangegangen ist, und schlägt eine Datierung um 1527-1540 vor.