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Auction: Antiques

17. April 2012

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0024

„Kabinettschränkchen“
Tirol, um 1600

Estimate: € 12.000 - 25.000
Result: € 15.360 (incl. fees)
Auction is closed.

Renaissance Kabinettschränkchen
Tirol, um 1600
u. a. Esche, Pappel und Obstholz, z. T. ebonisiert, intarsiert und brandschattiert; großes Kabinettschränkchen mit zwei Türen, an den Türen zwei Bildfelder mit der intarsierten Darstellung von zwei bewaffneten, uniformierten Männern, Ranken- und Adlerdekor, Aufsatz mit 3 schmalen Laden, gekehlter Deckel, aufklappbar mit Marketerie, oben ein Schiebefach; Pratzenfüße; architektonisch aufgebaute Innenfront mit Rustikasockel, Nischen, Voluten und Säulen, zahlreiche geschnitzte Auflagen, mittig eine intarsierte Frauendarstellung mit Krug und Schale, zahlreiche Laden und Geheimfächer, auf den Türinnenseiten ebenfalls intarsierte Frauenfiguren in gerahmten Bildfeldern; originale Schlösser und Beschläge, Schlüssel;
72 x 81 x 42 cm

Vergleiche: Ausstellungskatalog Schatzkästchen und Kabinettschrank, Kunstgewerbemuseum Berlin 1989, S. 114-115, Kat. Nr. 14; Martina Pall, Versperrbare Kostbarkeiten, Hanns Schell Collection, Graz 2006, Kat-Nr. 41, S. 52-53

In der Epoche der Renaissance kam es auf dem Gebiet der in Italien zur Perfektion entwickelten Intarsienkunst zu einem starken Austausch zwischen Süddeutschland und Tirol. Erherzog Karl beauftragte für die Ausstattungen der Höfe in Innsbruck und Ambras Künstler aus Augsburg, die sich zum Teil auch in Tirol für länger niederließen. Augsburg galt zu dieser Zeit als Zentrum für die Herstellung von Kabinettschränken, die Zeugen für die hohe Kunst der Intarsie sind. Die vorerst von der Architektur beeinflussten Kabinettschränke imitierten ab der Mitte des 16. Jahrhunderts gerne auch die Malerei für die aufwändige, aus verschiedenen Edelhölzern zusammengesetzte Intarsienarbeit. Oftmals wurden beide Inspirationsquellen miteinander kombiniert und in spannenden Kontrast zueinander gesetzt.

Die Funktion der Kabinettschränke lag ursprünglich in der Aufbewahrung wichtiger Dokumente oder Kleinodien. Um dem steigenden Anspruch nach einem Kleinmöbel, das auch für schnelle Schreibarbeiten zu gebrauchen war, gerecht zu werden, wurden die Laden im Laufe der Zeit größer und der Deckel als Schreibfläche verwendbar. In weiterer Folge entwickelte sich daraus der transportable Schreibschrank, der in der Zeit des Rokokos schließlich durch den geräumigeren Schreibsekretär ersetzt wurde. (RH)
Literatur: Ewald Berger, Prunkkassetten. Europäische Meisterwerke aus acht Jahrhunderten, Hanns Schell Collection, Graz, Stuttgart 1998, S. 63-72