Auktionshaus

Staudacher: Reine Poesie

02.04.2021 / Ein Interview mit Astrid Pfeiffer

Es scheint, als wäre Staudacher ein „evergreen“ am Kunstmarkt. Worin besteht seine Anziehungskraft?

Für mich sind viele seine Bilder reinste Poesie, sie spielen mit Worten und Gesten. Seine Arbeiten sind ein unglaubliches Kaleidoskop aus Farben, Gesten, Eindrücken, Empfindungen,  – sie haben etwas Sinnliches, Sensibles und sehr oft auch unglaublich viel Humor. Die frühen Papierarbeiten finde ich persönlich sehr spannend, da sie stille Zeugen seines Lebens sind. Sie erzählen Geschichten aus seiner Zeit in Paris, es sind Ansichten aus seinem Heimatland Kärnten oder aus Wien, es gibt zahlreiche Porträts und zärtliche Akte.

Seine Bilder gehören einfach in jede Sammlung, die sich mit österreichischer Kunst auseinandersetzt.

 

Was bietet das imKinsky in der Frühlingsauktion von seinen Arbeiten an?

Wir haben fünf Arbeiten von ihm in der Auktion: Vier Leinwandarbeiten und eine Papierarbeit aus den 1980er und 1990er Jahren, die seine facettenreiche Kreativität widerspiegeln. Unser Haus ist nach wie vor stolz, den Weltrekordpreis für Hans Staudacher zu halten.

Wie war er als Person?

Ich hatte das große Glück, den Künstler und seine Gattin kennenlernen zu dürfen. Ich habe ich ein paar sehr schöne Erinnerungen an ihn: Er war eine charmante, bodenständige Persönlichkeit mit einem ganz wunderbaren Humor. Ich war immer fasziniert von den Anekdoten seiner unglaublich langen, produktiven und facettenreichen Schaffensperiode. Er ist ein Fixpunkt der österreichischen Kunstszene und war ein ganz großer Künstler der abstrakten Malerei Österreichs.

Staudacher war ein langes Künstlerleben vergönnt. Wann und wo fand er zu seinem Stil?

Wie viele andere Künstler wurde auch er durch Reisen und längere Auslandsaufenthalte beeinflusst.

Die 1950er und -60er Jahre führten Hans Staudacher nach Paris, wo sich seine Handschrift zu entwickeln begann. Paris war auch das Sprungbrett in die internationale Kunstszene.

Während er sich in den frühen 50er Jahren noch sehr mit flächiger Geometrie auseinandersetzt, kommt er später in der Welt der lyrischen informellen Malerei sowie dem Lettrismus, der Verbindung von Wort und Bild, an. Die spontane Geste wird sein Markenzeichen.

Wie steht sein Schaffen im Gegensatz zu der anderen bekannten Kunstströmung im Wien der 1950er Jahre, den Phantastischen Realisten?

In den 1950er Jahren kam es in der Wiener Künstlerszene zur Aufspaltung zwischen abstrakt und nicht abstrakt arbeitenden Künstlern, beide Richtungen werden als Gegenthese gesehen. Die Phantasten ließen in ihren sehr detailverliebten Motiven aus der Mystik, dem alten Testament etc, altmeisterliche Maltechniken und Kompositionsprinzipien wiederaufleben. Die informellen Künstler hingegen lehnen diese klassischen Prinzipien ab.

Beide verbindet jedoch der Wille, nach dem 2. Weltkrieg veraltete Ansichten und Vorgehensweisen aufbrechen zu wollen. Die einen schufen eben wunderbar fantastische Bildwelten, die anderen stürzten sich ins Action-Painting, den abstrakten Expressionismus oder in die lyrische Abstraktion.

(Alexandra Markl)