Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

20. Juni 2024, 14:00 Uhr

5007

Hermann Nitsch*

(Wien 1938 - 2022 Wien)

„Aktionsrelikt (Wiener Secession, 1987)“
1987
Öl und Blut auf festem Karton; gerahmt
83,5 x 42,5 cm
Signiert und datiert rechts unten: Hermann Nitsch 1987

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Meistbot: € 20.000
Auktion ist beendet.

1987 wird Hermann Nitsch von Otmar Rychlik und Edelbert Köb eingeladen, in der Wiener Secession seine 20. Malaktion zu veranstalten. Nachdem seit den frühen 1960er Jahren die Malerei eher in den Hintergrund getreten war und höchstens als Bestandteil der Aktionen verstanden wurde, beginnen mit den frühen 1980er Jahren wieder reine Malaktionen wesentlicher Bestandteil des Gesamtschaffens des Künstlers zu werden. Die Aktion in der Secession markiert sicherlich einen Höhe- und Wendepunkt bei dieser Wiederentdeckung der Malerei als wesentlichem Medium.

Hermann Nitsch schreibt 1987 in der Mappe zur Malaktion: „ich nahm diese einladung mit freuden an, wurden doch in diesem haus um die jahrhundertwende impressionisten, wie gauguin und van gogh, hodler, klimt und schiele und vor allem klingers beethoven mit dem dazugehörigen klimt fries ausgestellt“ (Mappe zur 20. Malaktion in der Wiener Secession, Wien 1987, S. 16).

Das speziell Herausragende ist, dass diese Malaktion in ihrer Gesamtheit und im musealen Kontext präsentiert wird. Sie besteht aus dem mit 5 x 20 Metern größten Schüttbild des Künstlers, einer Bodenarbeit mit 10 x 10 Metern, 50 großformatigen Schüttbildern, 3 Malhemden im Kreuzkasten und weiteren Applikationen. Begleitend entstehen parallel dazu Arbeiten auf Papier wie vorliegende Schüttung mit Blut.

Von einer verdichteten Stelle im Zentrum des Bildes ausgehend – hier überlagert die rote Farbe einen Blutfleck – entwickelt sich durch die nach allen Seiten wegspritzenden Farb- und Blutstropfen ein dramatisches Bildgeschehen. Fußabdrücke im Bild verweisen auf die Bearbeitung des Papiers im am Boden liegenden Zustand. „Farben werden geschüttet und auf das Bild gespritzt, Farbe wird auf das Bild geplantscht und darauf verschmiert... Der Malvorgang wird zum Geschehnis in der Zeit. Theater hat sich auf der Bildfläche ereignet. Ich sage immer, die Malerei des O. M. Theaters ist die visuelle Grammatik meines Theaters auf einer Bildfläche.“ (Hermann Nitsch, in: s.o., S. 26)

Die Farbe, im Speziellen die rote Farbe, steht für Leben und Tod, für das Leiden Christi am Kreuz, für die Orgiastik, für das Fest der Trauben des Dionysos. Im Bild verdichtet sich alles gleichsam zum Drama des Lebens. „das drama macht die innerste, essenzielle lebendigkeit erst anschaubar, es wird in den abgrund geschaut, der eine rational nicht zu fassende, schaudern machende wirklichkeit und naturkraft zeigt, die über leben und tod hinausgeht. eine ekstase, die bis in die bahnen der gestirne und in den verwandlungspunkt des todes reicht.“ (Hermann Nitsch, in: s.o., S. 16)

(Sophie Cieslar)