Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

26. November 2013, 19:00 Uhr

0760

Max Weiler*

(Absam bei Hall i. Tirol 1910 - 2001 Wien)

„Blaue Rauch- und Nebellandschaft“
1964
Eitempera auf Leinwand
96 × 196 cm
Signiert und datiert rechts unten: Weiler 64
Signiert, datiert und betitelt rückseitig: Max Weiler 1964 (wie eine Landschaft) (Blaue Landschaft) Blaue Rauch und Nebellandschaft

Provenienz

Privatbesitz, Österreich

Ausstellung

1964 Salzburger Kunstverein, Salzburg, Kat.-Nr. 78; 1965 Trigon, Graz, Kat.-Nr. 102; 1966 Akademie der bildenden Künste, Wien, Kat.-Nr. 20; 1970 Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz, Kat.-Nr. 14; 1996 Österreichische Galerie Belvedere, Wien, Kat. S. 83

Literatur

Max Weiler, Werkverzeichnis der Bilder von 1932 bis 1974 von Almut Krapf, Salzburg 1974, WV-Nr. 564, S. 292 (Farbabbildung Tafel 37); Otto Breicha, Max Weiler, Die innere Figur, 171 Bildwerke seit 1933, Katalog zur Retrospektive im Museum des 20. Jahrhunderts, Wien 1989, Abb. S. 208; Max Weiler "Wie eine Landschaft", Bilder von 1961 - 1967, Katalog zur Ausstellung in der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien 1995, S. 83; Max Weiler, Im Jahrhundert der Moderne, Malerei seit 1927, Katalog zur Retrospektive im Künstlerhaus, Wien 1999, Abb. S. 262

Schätzpreis: € 100.000 - 200.000
Auktion ist beendet.

Die Kunsthistorikerin Margret Böhm machte 2009 im Atelier Max Weilers einen sensationellen Fund, von dem auch die Fachöffentlichkeit bis heute kaum Notiz genommen hat, obwohl er das gesamte Spätwerk des Künstlers ab etwa 1963 in völlig neuem Licht erscheinen lässt. Auf einem von Weiler als Palletten Ersatz benützten Blatt, eigentlich Schmierblatt, Atelierabfall, entdeckte Margret Böhm zarte Eingrenzungen von Details mit Lineal und Bleistift, bald darauf auch das dazugehörige, nach der kaum handtellergroßen Vorlage gemalte Bild. Dann stellte sich sukzessive heraus, dass der ganze Zyklus „Wie eine Landschaft „ (1963 bis 1965) aus Vergrößerungen und malerischen Transformationen derartiger Ausschnitte aus Zufallsprodukten bestand. Weilers „Blaue Rauch und Nebellandschaft“ von 1964 gehört zeitlich und formal zu diesem Zyklus.

Weiler zeigt sich — durch diese späte Entdeckung eines von ihm wohlgehüteten Geheimnisses — unvermutet noch konsequenter als Moderner, als er tendenziell immer schon war. Das ihm aber einmal angeheftete Etikett als Naturmaler ist offensichtlich kaum mehr abzustreifen. Es würde doch beispielsweise niemand Cy Twombly als Historienmaler klassifizieren, nur weil er für gegenstandslose Bilder Titel wie „Schule von Athen“ oder „Raub der Sabinerinnen“ verwendete. Auch Weiler liebte die durch Titel hervorgerufene seltsame Spannung zwischen geweckter und (nicht) eingelöster Erwartung. Auch er spielte gerne mit dem Assoziationszwang unserer Wahrnehmung, etwa wenn er diesen abstrakten Bilderzyklus mit „Wie eine Landschaft“ betitelte.

Der Künstler ist damals in seinen eigenen Probierblättern, auf die von ihm seit langem gesuchte „Natur der Malerei“ gestoßen, wodurch auf wunderbare Weise auch sein lang gehegter Traum eines kosmischen Naturbildes — das nicht Abbild ist, sondern elementare Energie — in Erfüllung gegangen ist. In den zahllosen Fundstücken von eigener Hand entdeckt er nämlich nicht nur den ganzen Reichtum der Malerei, sondern auch ein Universum an Naturformen. In den, aus handwerklichen Prozessen des Anrührens und Mischens der Farben, des Rinnens und Tropfens der Bindemittel, etc. auf den Probierblättern entstandenen zufällige Bildungen findet sich ein unerschöpflicher Kosmos von Motiven: hier beispielsweise blauer Rauch und Nebel, (Gebirgs)Schichtungen und (Vulkan)Eruptionen.

Mit den Avantgarden seiner Zeit verbindet Weiler in den 60er Jahren die Suche nach autonomen, von außen kommenden Bildkräften aus dem Prozessualen des Mediums selbst. Der Zufall als Methode der Organisation von Kunstwerken beziehungsweise die Entpersönlichung und zugleich Objektivierung des künstlerischen Prozesses kam zu dieser Zeit weltweit ins Spiel. Die damit verbundene tendenzielle Selbstausschließung beziehungsweise Einschränkung des Autors ist bei Weiler aber spirituell begründet und steht ganz klar im Gegensatz zur damals einsetzende Rationalisierung und Entmystifizierung der Kunst. (Edelbert Köb)