Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

19. Juni 2012

0040

Martin Johann Schmidt (Kremser Schmidt)

(Grafenwörth 1718 - 1801 Stein)

„Satyrfamilie Satyrfamilie“
1776
Öl auf Leinwand
95 × 71,5 cm

Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
Ergebnis: € 44.800 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Martin Johann Schmidt (Kremser Schmidt)
(Grafenwörth 1718–1801 Stein)

Satyrfamilie („Die Erziehung von Satyrkindern“)
Öl auf Leinwand, doubliert, 94 × 71,5 cm
Signiert und datiert unten mittig: M. J. Schmidt f. 1776
Provenienz: Rückseitig handschriftlicher Verweis, dass das Gemälde wohl in den 1870/80er Jahren von Karl Schellein, Leiter der Wiener Restaurierschule im Belvedere, restauriert und durch den damaligen Besitzer zuvor aus dem Nachlass des Wundarztes Kastler erworben wurde; 645. Kunstauktion Dorotheum, Wien, 28. November 1972, Nr. 117, T 49, Farbabb. XXII (dort die Datierung 1762 gelesen); seither bedeutende Österreichische Privatsammlung
Literatur: Rupert Feuchtmüller, Der Kremser Schmidt 1718–1801, Innsbruck/ Wien 1989, S. 135 f. und WV Nr. 881, S. 517 (dort datiert 1787?)

Martin Johann Schmidt gilt als der spätbarocke Meister der österreichischen Tafelmalerei. In der Vielzahl seiner Werke stehen meist religiöse Themen im Mittelpunkt. Doch er beschäftigte sich zeitlebens auch mit den weltlichen Gattungen der Malerei. Neben Porträts, Genre- und gar Landschaftsdarstellungen, widmete er sich auch den gerade im 18. Jahrhundert wiederentdeckten antiken und mythologischen Themen.
Weltliche Freskoaufträge und zahlreiche Studien zeigen bereits früh die Auseinandersetzung Schmidts mit der Antike. Auch seine 1768 entstandenen Aufnahmestücke in die Wiener Akademie „Der Schiedsspruch des König Midas zwischen Apoll und Marsyas“ und „Venus und Amor in der Schmiede des Vulkan“ unterstreichen die Beschäftigung mit den durch Homer, Virgil und Ovid überlieferten Stoffen (WV 278 und WV 281). Die Druckgraphiken beweisen sogar, dass Satyrstücke, Bacchanalien, Nymphen und Faune schon ab den späten sechziger Jahren das Interesse des Künstlers und der Kunstfreunde gefunden haben, was auch zu Ausführungen in Ölmalerei geführt hat (vgl. Feuchtmüller 1989, S. 135). So schuf Martin Johann Schmidt auch die Komposition zu unserem in Öl ausgeführten Gemälde bereits 1771 in seiner Radierung „Die Erziehung von Satyrkindern“ (WV 401, D 21). Diese die spiegelverkehrte Komposition zeigende Grafik wurde meist mit der ebenfalls 1771 entstandenen Radierung „Bacchus und Ceres“ auf einen Bogen gedruckt (WV 400, D 22). „Die Vermählung des Bacchus mit Ceres“ führte Schmidt 1776 ebenfalls in einem Ölgemälde aus (WV 537).
Wie auch vorliegendes Gemälde unterstreicht, schwingt gerade in den Satyrn, Nymphen und Faune darstellenden Werken Schmidts noch die feine Ironie des Rokoko mit. In den für den Meister typischen warmen Farben zeigt die Komposition Freude und Anstrengung der „Erziehung von Satyrkindern“. Am linken, durch Blumen abgeschlossenen Bildrand ist ein zärtlich von der Mutter gehaltenes Satyrkind zu erkennen, das eine Kirsche in der Hand hält. In der rechten Bildhälfte betritt ein männlicher Satyr die Szene, der – wie es scheint – die ganze Kraft seines muskulösen Körpers aufbringen muss, um die beiden sich windenden Satyrkinder in seinen Armen maßvoll zu bändigen. Über dem Geschehen in der unteren Bildhälfte erhebt sich ein antikes Monument, an welchem Satyrn und Putten bewegt emporklettern.
Gerade die Ausschmückung und phantasievolle Abwandlung bekannter antiker Stoffe und Motive verleiht den vornehmlich in den 1770 und 80er Jahren entstandenen Gemälden des Kremser Schmidts den Charakter einer nahezu genrehaften Momentaufnahme in antiker Umgebung.