Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

17. April 2012

0148

Birgit Jürgenssen*

(Wien 1949 - 2003 Wien)

„o.T.“
um 1983
Öl auf Papier auf Leinwand
150 × 312 cm

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Ergebnis: € 35.640 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Birgit Jürgenssen*
(Wien 1949 - 2003 Wien)
o.T.
Öl auf Papier auf Leinwand
150 x 312 cm
um 1983
Provenienz: Österreichischer Privatbesitz

„Eine Problematik, die nach wie vor besteht, ist, dass für Künstlerinnen verbindliche Rollenbilder gelten. Akzeptiert wird eine Künstlerin entweder als ‚Girl‘ oder als ‚über-60-Jährige‘, die Zeit dazwischen ist Schwerarbeit. Meine Generation befindet sich zwischen Elke Krystufek und Valie Export, sie erfüllt die Vorgaben nicht.“ (Birgit Jürgenssen)

Birgit Jürgenssens feministischer Ansatz tendierte nicht zum Direkten und Eindeutigen, ihre Werke haben nicht die provokant-fordernde Radikalität der Arbeiten von Valie Export, Jürgenssen zeigte eher eine Neigung zur metaphorischen Andeutung, zum Ambivalenten und Ungewissen. Mit analytischem Blick kritisierte sie eine patriarchalisch strukturierte Gesellschaftsordnung, untersuchte tradierte Rollenbilder und Aspekte weiblicher Identität, um sie als kulturell bestimmt zu enttarnen. Lange war Jürgenssens Relevanz für die feministische Avantgarde unterschätzt und noch immer ist sie in österreichischen Kunstinstitutionen unterrepräsentiert.
Seit dem Ende der 1960er-Jahre entwickelte sie eine künstlerische Praxis, die sich durch stilistische Vielfalt und der Lust am Experimentellen auszeichnet. Leitmotivisch zieht sich die Inszenierung des weiblichen Körpers durch ihr Oeuvre, jedoch fehlt der bittere Ernst der Anklage, ihre Arbeiten werden vielmehr von raffinierter Ironie getragen, Verletzbarkeit und Abgründiges erscheint oft mit subtilem Humor durchsetzt.

In Fotografien, Aquarellen, Zeichnungen, Malereien und Collagen macht sie ihren eigenen Körper immer wieder zum Medium, maskiert ihn, bemalt ihn, verkleidet ihn und entlarvt ihn als sozio-kulturell bedingt. Ein wesentliches Thema ihrer spielerischen, experimentierfreudigen Auseinandersetzung mit dem weiblichen Körper ist etwa die Verschmelzung von Tier und Frau: in zahlreichen Arbeiten deuten imaginäre Metamorphosen, Verwandlungen des Menschen zum Tier, die Auflösung weiblicher Identität an. In anderen Werken suggerieren Masken, Accessoires, Stoffe und vor allem auch die Fixierung auf Schuhe als Fetisch die Reduktion des weiblichen Körpers auf das Erotische. Zu den bekanntesten Arbeiten zählen auch jene der „Hausfrauen-Serie“ aus den 1970er-Jahren und eine Reihe von Zeichnungen, die Jürgenssen mit beachtenswerter, altmeisterlicher Akribie ausführt und in denen sie den Körper der dargestellten Figuren – nicht selten handelt es sich um Selbstporträts – deformiert, bandagiert und festzurrt.
In den 1990er Jahren machte Jürgenssen Furore, als sie mit ihrer vierköpfigen Künstlerinnengruppe „Die Damen“ Rollenklischees mit viel Ironie und Humor „auf die Schaufel nahm“. (CMG)