Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

05. April 2006

0591

Tina Blau

(Wien 1845 - 1916 Wien)

„Detwang im Taubertal“
Öl auf Mahagoni
29,5 x 50 cm

Schätzpreis: € 50.000 - 120.000
Meistbot: € 70.000
Auktion ist beendet.

Tina Blau
(Wien 1845 - 1916 Wien)
Detwang im Taubertal bei Rothenburg
Öl auf Mahagoni

um 1887/88
Signiert unten mittig: T. Blau

Provenienz: Privatsammlung Salzburg

Literatur: Plein Air. Die Landschaftsmalerin Tina Blau 1845 - 1916, Hrsg. G. Tobias Natter, Wien 1996, S.106 (Abb.)

Abgebildet in: Auktionskatalog Schloß Ahlden, Aller, 4.-15. September 1993 und Ausst. Kat. "Faszination Landschaft. Österreichische Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts auf Reisen", Residenzgalerie Salzburg, Salzburg 1995, Farbtafel S. 53 mit Bildtitel "Stiller Tag am Dorfrand".

Das "Verzeichnis der Photographien nach Bilder und Studien von Tina Blau" kennt insgesamt sieben Darstellungen aus Rothenburg ob der Tauber, die alle zwischen 1887 und 1888 entstanden sind.

(...) Die im Anschluss zu besprechenden Arbeiten sind in einem Zeitraum zwischen etwa 1880 und 1904 vorwiegend in Deutschland entstanden. Bei den beiden zur selben Zeit im Taubertal entstandenen Gemälden (Abb. 106 und 107) wird abermals besonderer Wert auf die unterschiedliche Wirkung der Oberflächen im Licht gelegt und die helle Palette wird von warmen, vorwiegend im roten Spektrum beheimateten Tönen geprägt.
Das größere Bild (Abb. 106) dürfte wieder im Atelier entstanden sein, da es mit dem real existierenden Stadtmotiv nicht völlig übereinstimmt und auch durch größere Sorgfalt bei der Komposition und im Farbauftrag besticht. In diesem Werk führen alle Linien zum Mittelgrund, zur Stadtvedute, und das Gemälde wird von einem warmen Rot-Grün-Kontrast bestimmt. (Claus Jesina in: G. Tobias Natter, Die Landschaftsmalerin Tina Blau, Wien 1996, S.95)

Es spricht einiges dafür, dass die Bilder der Tina Blau eher früher als später am Markt eine beträchtliche Wertkorrektur nach oben erfahren werden und es dann mit den vergleichsweise noch immer sehr moderaten Preisen ein für alle Mal vorbei sein wird. Sehr viel weniger spricht allerdings dafür, dass es in absehbarer Zeit gelingen könnte, das Vorurteil auszumerzen, sie sei eine Schülerin Emil Jakob Schindlers gewesen.
Die Vorstellung Schindlers als Übervater der österreichischen Version des Impressionismus ist offenbar so stark, dass daneben (darunter?) nur noch Schüler vorstellbar sind. Da hilft auch das Wissen nichts, dass Tina Blau nie Unterricht bei Schindler genommen hat, und schon gar nicht, dass es praktisch kein Bild gibt, aus dem sich ein Lehrer-Schüler-Verhältnis herleiten ließe. Seit Menschengedenken aber wird die Künstlerin neben Olga Wisinger-Florian und Marie Egner als Schindler-Schülerin genannt – auch wenn das falsch ist. Denn Tina Blau steht mit ihrer Malerei recht autark da; sie ist eine Kollegin Schindlers, ja, aber ganz eindeutig eine Künstlerin, die ihren eigenen Weg beschritten hat.

Geboren wurde Regina Leopoldine – aber bald nur noch Tina gerufen – 1845 als zweites Kind eines Arztes in Wien. Schon mit dreizehn Jahren erhält sie professionellen Zeichenunterricht von Anton Hanely, einem Waldmüller-Schüler. Tina Blaus Wunsch, im Freien zu malen, führt zu einem neuen Lehrer: August Schäffer. Es steht in der Familie Blau nie in Zweifel, dass die Neigung Tinas zur Malerei mehr ist als eine unter „höheren Töchtern“ damals recht weit verbreitete Schwärmerei. Unter August Schäffers Führung entstehen die ersten Landschaftsbilder – im Prater. 1867 kommt es zur ersten Ausstellung, und auch ein Jahr später bei der Eröffnungsausstellung des Wiener Künstlerhauses ist Tina Blau mit einem Bild vertreten.
1869 sieht Tina Blau im Glaspalast in München die „neue“ Malerei Frankreichs, die „paysage intime“, den „Réalisme“, Hauptwerke der Schule von Barbizon. Sie ist sehr beeindruckt. Für die nächsten fünf Jahre setzt sie ihre Studien in München fort. Dazu kommen viele Reisen, und auf einer dieser Reisen lernt sie Eduard Charlemont kennen, Franz Rumpler, Eugen Jettel und auch Emil Jakob Schindler. Zwischen ihm und Tina Blau kommt es zu einer Liaison – die Grundlage für das Lehrer-Schüler-Gerücht ist gelegt.
Schindler und Tina Blau bilden eine Ateliergemeinschaft, sie verreisen gemeinsam, in Holland entstehen wunderbare Bilder. 1879 kommt es zum Bruch zwischen ihnen, Schindler heiratet eine Schauspielerin.
Tina Blau ist wirtschaftlich unabhängig – sie hat geerbt und verkauft auch recht gut. 1883 heiratet sie den Münchner Tiermaler Heinrich Lang, München wird wieder ihr Hauptwohnsitz. Erst nach dem Tod ihres Mannes (1891) kehrt sie nach Wien zurück. Sie malt in der Vorstadt, in der Umgebung Wiens, aber viele Bilder dieser selbstbewussten und eigenständigen Künstlerin entstehen auf und nach Reisen nach Holland und Italien. Der Einfluss der neuen französischen Malerei auf sie ist viel stärker, als es jener August Schäffers oder Emil Jakob Schindlers je war. Sie findet ihren ganz persönlichen, unverwechselbaren Stil, geprägt von einem starken Empfinden für Farbe und Ton. Sie ist – und war – nie eine „Stimmungsimpressionistin“, sondern immer eine Landschaftsmalerin, die die Wirklichkeit, die sie sieht, vermitteln will. Mit den Jahren wird ihre Farbpalette immer heller, immer kräftiger, immer häufiger setzt sie „reine“ Farben ein. Es geht ihr nicht um die Darstellung einer Stimmung, also um Poesie, sondern um die Darstellung der Natur, der Wirklichkeit.