Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

11. Oktober 2005

0317

Maria Lassnig

(Kappel am Krappfeld/Kärnten 1919 - 2014 Wien)

„Körperform“
1960/61
Öl auf Leinwand
77 x 115 cm

Schätzpreis: € 50.000 - 90.000
Ergebnis: € 76.800 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Das zentrale Thema, das sich wie ein roter Faden durch alle Schaffensperioden Maria Lassnigs zieht, ist das Körpergefühl.
Erste Körperbewusstseinszeichnungen entstehen in den 50er Jahren in Wien, 1961 arbeitet die Künstlerin in Paris dann an großformatigen "Körpergefühls-Bildern" und ab 1968 entwickelt sie diese in New York konsequent zu ihren "body awareness paintings" weiter.
Lassnig schreibt 1970 über Ihre Vorstellung von "Body awareness":
"ich nannte meine bodyawareness paintings zuerst 'introspektive' erlebnisse, später nannte ich sie überhaupt nicht mehr, als ich, meine knödel und farbhaufen als 'selbstportraits' behauptend, nur hohn erntete. meine bodyawareness paintings sind als ideale kunstbestätigung zu empfehlen, weil sie nie zu erschöpfen sind. ich bin von diesem 'content' nur weggegangen, wenn die ereignisse der außenwelt stärker waren als ich, wenn ich liebe, tod und unterdrückung begegnete und mich unterwerfen oder empören mußte"
(Vgl. Maria Lassnig, body. fiction. nature, Ausstellungskatalog Sammlung Essl, Klosterneuburg/Wien 2005, S. 10)

Und an anderer Stelle meint sie:
"Als ich in meiner Malerei müde wurde, die Natur analysierend darzustellen, suchte ich nach einer Realität, die mehr in meinem Besitz wäre als die Außenwelt, und fand als solche das von mir bewohnte Körpergehäuse, die realste Realität am deutlichsten vor, ich hatte ihrer mir gewahr zu werden, um ihren Abdruck in fixen Schwerpunkten auf die Bildebene projizieren zu können."
(Vgl.: Maria Lassnig. Beziehungen und Malflüsse, Katalog zur Ausstellung Maria Lassnig, Neuer Berliner Kunstverein, 31. Mai - 20. Juli 1997, S. 9)

In den um 1960 entstandenen Bildern gewinnen empfundene, durch die Farbe bestimmte Körperformen immer mehr an Bedeutung. Die Bildgrenzen gleichsam sprengend breitet sich die Farbe über die gesamte Bildfäche aus, farbig fließende Körperempfindungen strömen imaginativ über die Konturen des Bildes hinaus. Wurde die Farbe als empfundener Körper zehn Jahre zuvor vom Umraum zu "Farbhaufen" zusammengepresst, so droht dieser nun ganz aus dem Bild gedrängt zu werden.
Hier spiegelt sich wieder, was Maria Lassnig über die etwas später entstandenen "Strichbilder" schreibt:
"Die Ausdehnung, die große Umschreibung, das war mir schon 1961 eine wichtige Kunstvorstellung. Zwei Meter weit, von einer Ecke des Bildes zur anderen, dehnen sich die Schultern, die Mitte des Leibes wird zum Stundenglas verengt oder auseinandergestreckt von einer Tür zur anderen."
(Vgl. Maria Lassnig, Ausstellungskatalog Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, 20er Haus, Wien 1999, S. 23