Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

22. Juni 2004

0411

Maria Lassnig

(Kappel am Krappfeld/Kärnten 1919 - 2014 Wien)

„"Sciencefiction"“
1963
Öl auf Leinwand
192,3 x 128 cm

Schätzpreis: € 0 - 180.000
Ergebnis: € 179.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Maria Lassnig
(Kappel am Krappfeld/Kärnten 1919 geb.)
"Sciencefiction"

Signiert und datiert rechts unten
1963

Literatur: Ausstellungskatalog, Maria Lassnig, Museum Moderner Kunst/Museum des 20. Jahrhunderts, Wien, Kunstmuseum Düsseldorf, Kunsthalle Nürnberg, Kärntner Landesgalerie, Klagenfurt 1985, Abb. S. 57 (ganzs., farbig);
Ausstellungskatalog, Wunschmaschine. Welterfindung, Kunsthalle, Wien 1996, Verlag Springer, Wien - New York, Abb. S. 492

"Der wirkliche Poet ist schreibend nur der Zuhörer und nicht der Meister der Sprache und der Buchstaben, das heißt, er komponiert den Dialog nicht, indem er Stück für Stück die Gegenbilder zusammennäht, der Stilistik mühevoll erlernter Psychologie gemäß; vielmehr: wie im Traum sieht er sie handeln, lebendig, und er hört sie..."(Jean Paul)
Indem er das, was er auf Ebene der Dichtung den Dichter vom Schreiberling gründlich unterscheidet, definiert, schlägt uns Jean Paul eine Unterscheidung vor, die genau auf den malerischen Bereich anwendbar ist.
Maria Lassnig hat uns eben erst bewiesen: Die Quelle entspringt immer in den Bergen und verschwendet immer jungfräuliches Wasser.

"Ich glaube, die Wahrheit durch den Willen in ein Bild zu bringen, würde heißen, einem zu kurzen und unlauteren Weg zu folgen. Ich ziehe den reinigenden Weg des Unbewußten vor" ... so sagt die Malerin. Man würde folglich vergebens nach etwas suchen, das ihre Personen mit den zu sehr zurechtgeputzten Monstren verschwägern würde, deren Wucherungen seit einigen Jahren gerade dieser Verstopfungen des "reinigenden Weges" zuzuschreiben sind.
Es gibt bei Maria Lassnig eine Wahrhaftigkeit und Bescheidenheit, die wir fast nicht mehr gewöhnt sind; dagegen weiß ich wenig Werke, die ihrem Werk vergleichbar wären, was die Sparsamkeit der Mittel und die Sicherheit des Vortrages betrifft. Es scheint mir, dass sie die einzige ist, die in der Beschwörung des Imaginären diese Nüchternheit voll Gewalt gefunden hat, welche ganz und gar den Wert der abstrakten Expressionisten ausmachte...

Weniger sensibel für Feuerwerk und Schwung, gelingt es Maria Lassnig vielleicht um so sicherer, die Brücke zu schlagen - die "Brücke" jawohl - zwischen den zerreißenden Visionen eines Heckel und Nolde einerseits, der magischen Arabeske eines Miró, der besessenen Grimmigkeit des "Monsieur K." von Brauner, dem anatomischen Lyrismus von Picasso andererseits. Zwischen dem Traum und dem Aufschrei ist die Verbindung wiederhergestellt. Von nun an kann sich alles erfüllen, und, wie Benjamin Péret ehemals wunderbar schrieb: "In dem kaum geborenen Tag wird die Welt Maria Lassnigs die Liebe erfahren"

(Auszug aus einem Text von José Pierre, Paris 10. März 1965)