Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

26. Januar 2016, 18:00 Uhr

0432

Pierre Alechinsky*

(Brüssel 1927)

„Navette“
1987
Tusche auf Papier
126 × 64,5 cm
Bezeichnet, datiert und signiert links unten: Navette 1987 Alechinsky

Provenienz

Galerie Lelong; seither Privatsammlung, Wien

Schätzpreis: € 18.000 - 36.000
Auktion ist beendet.

Das vorliegende Werk von Pierre Alechinsky ist ein charakteristisches Beispiel seiner zeichenhaften Bildwelt. Mit dem Kalligraphiepinsel erzeugt der Künstler eine Mischung aus graphischen Kürzeln, ornamentalen Elementen, figürlichen Einschlüssen und gestischen Ausbrüchen. Als vertikaler Triptychon angelegt, entschlüsseln sich bei längerer Betrachtung die unterschiedlichen Elemente zu einer Bildgeschichte, deren Sinn im künstlerischen Prozess liegt.
Als Basis für Alechinskys Arbeit ist seine Zugehörigkeit zur Künstler- und Schriftstellergruppe CoBrA von 1949 bis 1951 zu sehen, und deren Auf- und Umbrüche einer vollkommen neu zu erfindenden Nachkriegskunst, die sich auf Unterbewusstes, Surreales und die Bedeutung des Zufälligen verlässt, seinen wesentlichen Impuls darstellt. In einer expressiven Spannung dazu steht seine solide Ausbildung in Typographie und Buchillustration, aber vor allem die Begegnung mit dem Kosmos chinesischer und japanischer Kalligraphie in den frühen 1950er Jahren, die zu seinem Film „Calligraphie Japonaise“ führte. Nicht nur die Verwendung schwarzer Tusche, die sich auf den Einsatz anderer Malmedien in Schwarz, vor allem Acrylfarben, ausweitete sowie dem Papier als primäres Trägermaterial, oft gebraucht, bedruckt oder beschrieben. Auch in der asiatischen Kunst spielt der sich aus dem Prozess ergebende Zufall, dem eine tiefere symbolische Bedeutung zukommt, eine wichtige Rolle in allen Sparten der Künste. Alechinskys Statement zum Geheimnis der Malerei, das sich aus dem Entstehungsprozess ergibt, spiegelt diese Einflüsse.
Große Formate kommen seiner von den ostasiatischen Schriftkünstlern adaptierten Arbeitsweise entgegen, die ihre Papiere auf dem Boden ausgebreitet mit Einsatz von Körper und Geist in einem assoziativ-kunstfertigen Schöpfungsakt dialogisch gestalten. Der Titelbegriff dieser Arbeit, „Navette“ hat vielfältige Bedeutung, vom Luftschiff zur provencalischen Bäckerei. Alechinsky gibt seinen Bildern Titel, um sie zu würdigen, ihnen Fragen aufzugeben, sie zu „beschreiben“, nachvollziehbar zu machen, „ … en me disant je les comprends, je ne les comprends tout à fait, je ne les comprends plus du tout. Par jeu.“ („ … während ich mir sage, dass ich sie verstehe, verstehe ich sie in Wirklichkeit nicht, verstehe ich sie gar nicht. Aus Spaß.“, zit. Nach Itzhak Goldberg, Remarques marginales à l´encre dans l´oeuvre d´Alchechinsky, Anm. 13) (Claudia Lehner-Jobst).