0326
Arnulf Rainer*
(Baden 1929)
„Gummikunst“
frühe 1970er Jahre
Fotografie, übermalt; gerahmt
48 x 60,5 cm (Darstellung)
Bezeichnet und signiert rechts unten: Gummikunst, A. Rainer
Provenienz
Galerie Ruberl, Wien;
seither österreichischer Privatbesitz
Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Meistbot: € 20.000
Auktion ist beendet.
Mit der Werkgruppe Face Farce erweitert Arnulf Rainer ab 1968 seine abstrakte malerische Bildsprache durch Fotografie. Die Person des Künstlers wird zur Grundlage von Übermalungen. In einer der ersten Fotoautomatenkabinen entstehen Aufnahmen seines grimassierenden Gesichtes. Diese komprimierten und aktionistisch verzerrten Selbstreproduktionen akzentuiert und übermalt Rainer um die Spannung und Dynamik der Darstellung zu intensivieren.
In der vorliegenden Arbeit geht Rainer noch einen Schritt weiter. Schon für den Prozess, des fotografiert Werdens, verformt er sein Gesicht mittels dünner Gummibänder, die den Kopf in Querschichten einschneiden. Sie abstrahieren den für den Betrachter gewohnten Anblick und lassen den Kopf als starre Skulptur erscheinen. Diese Anmutung verstärkt Rainer durch wenige konträr gesetzte und zum Oval formende Striche. Das Ergebnis erinnert an eine Vase. Der Titel „Gummikunst“ nimmt jede emotionale menschliche Regung heraus. Das Gesicht wird zum Gegenstand transformiert. Oder ist es ganz anders? Eine wunderbare reduzierte Arbeit mit großem Interpretationsspielraum für den Betrachter.
Auf der Biennale 1978 in Venedig zeigt Rainer Arbeiten aus dieser Werkgruppe einer großen Öffentlichkeit und erhält daraufhin im gleichen Jahr den Großen Österreichischen Staatspreis.
„Erst als ich begann, die Fotos meiner mimischen Farcen zeichnerisch zu überarbeiten, entdeckte ich Überraschendes: Lauter neue, unbekannte Menschen, die in mir lauerten, die aber meine Muskeln alleine nicht formulieren konnten.“ (in: Arnulf Rainer, Hirndrang. Hg. Otto Breicha, Salzburg 1980, S. 106)
(Christa Armann)