Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

19. April 2023, 15:00 Uhr

0307

Maria Lassnig*

(Kappel am Krappfeld/Kärnten 1919 - 2014 Wien)

„Heller Körper“
späte 1950er Jahre
Öl auf Leinwand; gerahmt
99 x 118 cm
Rückseitig auf Keilrahmen signiert: M Lassnig

Provenienz

ehemals Sammlung Breicha;
österreichischer Privatbesitz

Schätzpreis: € 80.000 - 160.000
Ergebnis: € 262.500 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Maria Lassnig schuf mit ihren Bildern ein revolutionäres Werk, das sie zu einer der international erfolgreichsten Künstlern Österreichs machte. Ihre „Body-Awareness“ zieht sich beginnend in einer experimentellen Anfangs-Phase konsequent durch ihr gesamtes Werk, mal humorvoll, mal agressiv, mal schmerzhaft, in jedem Fall aber stets offen und schonungslos sich selbst gegenüber.

1951 schließt sich Lassnig der so genannten Hundsgruppe an, die Arnulf Rainer mitbegründet hatte. Die Mitglieder der Vereinigung vertraten unterschiedliche Positionen bzw Stile, darunter informell arbeitende, abstrakte Maler wie Wolfgang Hollegha und Josef Mikl. In diesem und dem nächsten Jahr sieht Maria Lassnig während drei Paris - Reisen gemeinsam mit Arnulf Rainer die unterschiedlichsten Stilrichtungen: Sie treffen André Breton, Paul Celan sowie Benjamin Péret und die tschechische Künstlerin Toyen (Marie Cermínová). Letztere führt Maria Lassnig in den Surrealismus ein. Bei ihrem zweiten Besuch besuchen sie die Ausstellung „Véhémences Confrontées“ in der Galerie Nina Dausset. Die dort gezeigten informellen und abstrakt-expressionistischen Arbeiten von Künstlern wie Willem de Kooning, Hans Hartung, Jackson Pollock und Wols hinterlassen bei Lassnig großen Eindruck. In den folgenden Jahren verarbeitet sie in ihren Bildern Expressionismus, Surrealismus, Kubismus und Tachismus quasi im „Schnelldurchlauf“. Doch bereits in ihren abstrakten, tachistischen Bildern, wie dem hier gezeigten „Heller Körper“ kommt ihr tiefes Bedürfnis nach „Introspektive“ , das Hineinhören in ihren Körper, durch: „Ihre informellen Bilder sind nicht Gesten, nicht Kalligrafie, nicht Aktion, nicht kaum gezügelte Ausbruchsversuche, sondern ein konzentriertes Zurücknehmen, ein Selbstbesinnen. Gestisches, Farbbalken, die dem Bildrand zustreben, werden vom Umraum zurückgedrängt, eingefangen, in der Bildmitte isoliert und diszipliniert. Die freien Formen sind ihr kaum je Selbstzweck, sondern bereits damals von Körperlichkeit geprägt.“ (B. von Bohrmann/A. Hoerschelmann/K.A. Schröder (Hg.): Maria Lassnig. Ways of Being, Amsterdam/Wien 2019, S. 10)

Die Jahre zwischen 1950 und 1960 kann man durchaus als Experimentier- und Umbruchsphase in ihrem Werk beschreiben: Ab 1958 entstehen schließlich Körpergefühls-Aquarelle in intensiven Farben in denen Lassnig versucht, die Druck und Spannungsverhältnissen in ihrem physischen Inneren darzustellen. Gleichzeitig malt sie aber weiterhin auch informelle, gestische Öl-Bilder. Ihren Studenten empfahl sie, nicht zuviel auf die Leinwand zu schauen, sie selbst konzentrierte ihren Blick nach innen. Ihre starken Farben, Lassnig spricht von „Schmerz- und Qualfarben“, von „Nervenstrang- und Krebsangstfarben“, sind niemals zufällig sondern Expressionismus in reinster Form.
Mit ihren Körperempfindungs-Bildern richtete Maria Lassnig den Fokus auf die faszinierende Ambivalenz ihrer äußeren und inneren Empfindungen und hinterließ ein einzigartiges Werk, das sein Publikum stets aufs neue fasziniert und zum Nachdenken und -fühlen anregt.

(Ina Waldstein)