Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

09. Dezember 2022, 15:00 Uhr

2242

Anselm Glück*

(Linz 1950)

„Urbaner Schamanismus“
2004
Öl auf Leinwand; ungerahmt
162 x 162 cm
Rückseitig signiert, bezeichnet und datiert: Anselm, Urbaner Schamanismus, 2004

Provenienz

Privatbesitz, Niederösterreich

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 26.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Anselm Glücks Werke sind bunt, lebendig und fantasievoll und halten den Betrachter dazu an, vor dem Bild zu verweilen und sich in die vielen Details und Farbflecken zu versenken. Ihre Vieldeutigkeit regt zum Nachdenken und Rätseln an, unweigerlich beginnt man, nach einer Geschichte, einer Handlung zu suchen. Glück möchte den Blick halten, den Augen schmeicheln - mit seinen Farbexplosionen und der für ihn so typischen Kleinteiligkeit. Doch wer genau schaut, entdeckt, dass auch in dieser auf den ersten Blick so fröhlichen Welt Ernsthaftigkeit und Trauer ihren Platz haben.

Bewusst gibt der Maler und Schriftsteller mit seinen teils etwas kryptischen Titeln keine oder nur schwache Hinweise zur Deutung seiner Werke, der Betrachter soll selbst seine Assoziationen knüpfen, zumal Glück selbst je nach Tagesverfassung und Stimmung Unterschiedliches darin sieht. Sein konsequent eigenständiger Stil mit einer poetischen Zeichen- und Figurensprache, am ehesten noch den Werken Jean Dubuffets und der Art Brut verwandt, macht Arbeiten aus Glücks Hand unverkennbar.

Seit 1984 arbeitet er vorwiegend mit Acrylfarbe auf Leinwand, da diese durch ihre schnelle Trocknungszeit minimal kurze Wartezeiten ermöglicht. Sein Arbeitsprozess ist vielschichtig: zuerst wird die Leinwand in rein gestischen Pinselstrichen mehrfarbig grundiert. Daraus entwickeln sich in einem zweiten Schritt die so typischen Formen und Figuren. Ohne einen vorgefertigten Plan oder einer Skizze entsteht so spontan eine surreale Fantasiewelt. Zum Abschluss trägt Glück noch eine transparente, weiße Acrylschicht auf, die sich wie ein leichter Nebel über das Gemalte legt und Formen und Figuren mehr oder weniger stark durchscheinen lässt.

Charakteristisch für die Glück'schen Bildwelten sind diverse Überschneidungen der Bildränder, ein Sich-Öffnen in alle Richtungen, häufig auch die Aufhebung der Schwerkraft. Neben menschlichen Figuren bevölkern fremdartige Mischwesen mit humanen Zügen seine Leinwände, körperlose Gesichter und gesichtslose Körper schwirren durch die Luft oder scheinen von oben herab zu schweben - alles wirkt stets in Bewegung oder wenn, dann nur kurz zu verharren.
Glück sieht sich weniger als Schöpfer denn als Werkzeug: das Bild macht was es will und erst im Arbeitsprozess erkennt der Künstler, wohin es gehen wird. Schönheit ist ihm dabei stets ein Anliegen – aber auch wenn nicht alles nur fröhlich ist, möchte Glück für sich einräumen, dass seine Bilder gefallen dürfen. Und das tun sie!

(Ina Waldstein)