Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

06. Dezember 2022, 17:00 Uhr

0242

Ferdinand Georg Waldmüller

(Wien 1793 - 1865 Helmstreitmühle bei Mödling)

„Die Heimkehr“
1864
Öl auf Holz
49,8 x 38,5 cm
Signiert und datiert links unten: Waldmüller / 1864
Rückseitig Schlagstempel und Etikett der Firma W. Koller & Comp., Wien (Künstlerbedarf);
rückseitig handschriftlich nummeriert: No 283.

Provenienz

vor 16 Jahren im Erbgang an den derzeitigen Besitzer (Privatbesitz, Wien)

Wir danken Frau Dr. Sabine Grabner (Belvedere Wien) für die wissenschaftliche Unterstützung.

Schätzpreis: € 100.000 - 200.000
Ergebnis: € 153.600 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Waldmüller gilt als der unbestrittene Meister der österreichischen Malerei des Biedermeier. Insbesonders Szenen des Alltags hat er wie kein zweiter lebendig und unmittelbar erfasst. Mit größter Genauigkeit studierte er die Gesichter der Menschen, ihre Mimik und ihre Gesten sowie ihre Umgebung. Seine Erfahrungen mit der Theaterwelt über seine erste Frau, Katharina Weidner, mögen wohl sein Auge geschult haben, eine Szene wirkungsvoll zu gestalten, Akteure richtig im Raum zu verteilen, Licht gezielt einzusetzen. Waldmüller wusste darüber hinaus über den Reiz des Nicht-Gezeigten, des Versteckten, er lässt manches nur angedeutet, da es den Betrachter zum eigenen Nachdenken auffordert, dessen eigene Phantasie anregt.

Vorliegendes Gemälde ist eine kleine Sensation. Es handelt sich um eine Neuentdeckung, die in der Literatur bis jetzt keine Erwähnung gefunden hat, und sich seit Jahrzehnten in Wiener Privatbesitz befindet. Dieses Spätwerk des Künstlers, kann gut mit jenen Arbeiten verglichen werden, in denen Waldmüller Figuren vor einer Haustür oder an der Schwelle einer Tür zeigt. Das Motiv der "rahmenden" Tür verwendete er bereits in den späten 1840er Jahren und wiederholte es in unterschiedlichsten Variationen immer wieder. Unser Bild zeigt die Ankunft einer jungen Frau mit einem Mädchen vor einer Haustür. Begrüßt werden die beiden von einer Kinderschar, die aus dem Dunkel eines Gebäudes, möglicherweise eines Bauernhauses, heraustritt. Eine Jugendliche hält zwei Kleinkinder in ihren Armen, hinter ihr blickt noch ein weiteres Mädchen auf die Ankommenden. Bei der Frau könnte es sich um die Mutter des kleinsten Kindes handeln, geht sie doch mit offenen Armen auf dieses zu. Auch das Kind muss die Frau gut kennen, wendet es sich ihr doch freudig lächelnd entgegen, und kann es kaum erwarten von ihr in den Arm genommen zu werden. Vielleicht hatte die Frau mit ihrer jungen Begleiterin, die gerade einen Apfel aus dem Korb nimmt, Einkäufe am Markt erledigt.

Kompositorisch wendet Waldmüller bewährte Stilmittel an. So bringt er durch das schreitende Mädchen im Vordergrund, die ausgestreckten Arme von Mutter und Kind sowie die intensiven Blickkontakte zwischen den Figuren Bewegung in das Geschehen. Die Kleidung der Dargestellten, ebenso wie ihre Gesichter, werden vom hellen Sonnenlicht erfasst und leuchten förmlich vor dem dunklen Grund - eine breite, pastose, aber flüssige Malerei mit teils nur flüchtig aufgesetzten Pinselstrichen, die zum Teil nur andeutungsweise aufgesetzt wurden, lösen Konturen auf und verleihen dem Werk eine spontane Lebendigkeit, wie es für Waldmüllers späte Arbeiten bezeichnend ist. (MS)