Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

30. Juni 2022, 17:00 Uhr

2209

Günter Brus*

(Ardning 1938 - 2024)

„Tod und Verklärung“
1980
Mischtechnik auf Packpapier; gerahmt
67 x 53,5 cm
Monogrammiert und datiert rechts unten: GB 80

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Ergebnis: € 52.800 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Günter Brus gilt als Mitbegründer des Wiener Aktionismus. 1964 trat er erstmals als Aktionist in Erscheinung, typisch wurde die weiße Körperbemalung mit dem schwarzen Strich und die Verwendung von Objekten wie Rasierklingen, Nägeln, Scheren und Sägen, mit denen Brus sich zum Teil selbst Verletzungen zufügte.
Nach einer letzten Aktion, "Zerreißprobe" 1970, wandte sich der Künstler vom Aktionismus ab und entwickelte neue Möglichkeiten einer Kombination von Literatur und bildender Kunst, seine sogenannten Bild-Dichtungen.

Brus' Werk ist aber auch untrennbar mit der Musik verbunden. In seinen Zeichnungen und Bild-Dichtungen finden sich eine Vielzahl an musikalischen Begriffen, akustischen Wahrnehmungen, Huldigungen an Komponisten, zeichnerischen Übersetzungen bis hin zu fragmentarischen Notaturen. 1956 hat Brus sein musikalisches Erweckungserlebnis, als er im Österreichischen Rundfunk das erste Mal Franz Schrekers Oper "Der ferne Klang" hört. Die expressionistischen Elemente und Akkorde an der Grenze zur Atonalität offenbarten ihm ein neues Klangerlebnis und – ohne je ein Instrument gelernt zu haben – begann eine lebenslange Beschäftigung mit Musik, die für Brus ein unentbehrlicher Quell der Inspiration wurde. Besonders intensiv kommt dies in seinen Bild-Dichtungen zu tragen: Manchmal sind es Texte, die auf Libretti und Singstücke referieren, oder die Titelblätter und Seiten von Liederzyklen. Oft lehnt sich Brus dabei an den Stil der opulent illustrierten Notenbüchlein des 19. Jahrhunderts an, die er in eigenwillige Bild- und Textschöpfungen verwandelt. Er entwirft Szenen und Opernakte, die er in Worten oder als Bühnenbilder schildert. Oder aber er visualisiert seine inneren Erlebniswelten und Träume dazu.

In „Tod und Verklärung“ beschäftigt sich Brus mit einer Tondichtung für großes Orchester von Richard Strauss, die am 21. Juni 1890 uraufgeführt wurde. Strauss schildert dabei die letzten Stunden eines im Sterben liegenden Kranken, in denen sich Schmerz und Leid, Erinnerungen und nicht erreichte Ideale, Wachen und Schlaf ablösen bis sich die Seele löst, um „im ewigen Weltenraum das vollendet, in herrlichster Gestalt zu finden, was es hienieden nicht erfüllen konnte" (Walter Werbeck: Die Tondichtungen von Richard Strauss. Schneider, Tutzing, S. 538). In einer mit reichen floralen Ornamenten umrahmten Zeichnung schildert der Künstler auf ungewöhnlich zärtliche Weise den Moment, als sich die Seele aus dem Körper des Sterbenden erhebt. Ein friedlicher Gesichtsausdruck breitet sich auf dem Gesicht aus, das von einer strahlenden Aura umfangen wird: Erlösung und Verklärung treten ein.

Heute zählt Günter Brus zu den wichtigsten österreichischen Künstlern nach 1945. Seine Werke sind in zahlreichen Museen zu finden.

(Ina Waldstein)