Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

30. Juni 2022, 15:00 Uhr

2051

Kurt Absolon*

(Wien 1925 - 1958 Wulkaprodersdorf)

„Selbstbildnis“
um 1948
Öl auf Papier auf Karton
49,8 x 37,5 cm

Provenienz

Nachlass Kurt Absolon, Wien;
Galerie Maier, Innsbruck;
Privatsammlung, Wien;
österreichischer Privatbesitz

Ausstellung

1990 Wien, Historisches Museum der Stadt Wien;
1990 Villach, Galerie an der Stadtmauer;
2010 Wien, Galerie Kovacek

Literatur

Otto Breicha (Hg.), Kurt Absolon. Der Zeichner mit der Grasharfe, Graz 1989, WVZ-Nr. 715, S. 41 und 48-49, mit Abb.;
Renate Maria Obud, Den Spannungen nie ausgewichen, in: Kärtner Tageszeitung, Nr. 119, Klagenfurt 23.5.1990, S. 18, mit Abb.;
Anonym, Kurt Absolon im Historischen Museum. Der Zeichner mit der Glasharfe [sic], in: Wien aktuell, Nr. 3, 15.2.1990, S. 5, mit Abb.;
Kurt Absolon, Galerie Maier, Innsbruck 1998, o. S., Abb. 1;
Herbstausstellung 2010. Österreichische Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts, Kat. Ausst. Galerie Kovacek, Wien 22.9.-22.12.2010, S. 58-59, Kat.-Nr. 28, mit Abb.;
Bernhard Hainz (Hg.)/Stefan Üner (Hg.), Kurt Absolon. Monografie und Werkverzeichnis, Weitra 2021, WVZ-Nr. 11, S. 191, mit Farbabb.

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Ergebnis: € 42.240 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

"Selbstbildnis", 1947/48 zählt zu den repräsentativen malerischen Beispielen aus Kurt Absolons Frühwerk. In dieser Phase orientierte sich der Wiener Künstler an den Gestaltungsprinzipien der Fauvisten, allen voran an Henri Matisse. Wie schon die französischen Wilden am Anfang des 20. Jahrhunderts misst Absolon der Farbe eine uneingeschränkte Freiheit zu. Pastos wird die Bildsituation definiert. Krasse koloristische Brüche sind anzutreffen, die ja das primäre Charakteristikum der fauvistischen Malerei ausmachen; anstelle einer plastischen raumorientierten Wiedergabe des vorliegenden Selbstporträts, ist eine expressive flächenbezogene Setzung der malerischen Mittel erkennbar. Diese Aggressivität der Farbe intensiviert natürlich die persönliche Erscheinung des Dargestellten, hebt die psychische Befindlichkeit hervor. Man denke dabei an van Goghs Autoporträts, als Ikonen der Charakterporträts.

Geradezu symptomatisch ist Österreichs Malerei zwischen dem "Goldenen Zeitalter" des Expressionismus mit Gerstl, Schiele, Kokoschka und Boeckl und der Nachkriegszeit bis 1950 noch immer weitgehend der Figur, Landschaft und emotionalen Geste verbunden. Das abstrakte Lager, das anderorts die internationale Kunst anführt, findet hier kaum Resonanz, erst kurz darauf von den "wilden Malern" der Galerie Nächst St. Stephan, wie Rainer oder Prachensky verinnerlicht und zu einem eigenen Stil entwickelt.

Trotz der malerischen Konzentration auf Fläche und Farbe spürte Absolon immer stärker die grafische Intensität in seiner Handschrift und löste sich merklich vom Gemalten. Die 1950er Jahre standen ganz im Zeichen von Linie und Strich; malerische Akzente fielen lediglich im Verwischen von farblich gebrochenen Bildgründen aus, als atmosphärische Matrix der grafischen Notationen. Ein tragischer Autounfall beendete 1958 Absolons Leben und begrenzte sein künstlerisches Schaffen lediglich auf ein gutes Jahrzehnt. Sein singuläres zeichnerisches Werk wurde schon zu Lebzeiten hoch eingeschätzt, als einzelgängerische Naturbegabung abseits der Avantgarden – so wie es in Österreich etwa auch sein Künstlerfreund Kurt Moldovan war, oder Karl Anton Fleck sowie Othmar Zechyr; den Gegenstand in existenzialistischer Feinnervigkeit und rabiaten Temperament mit Stift und Feder zu Papier gebracht: Chimären, Dämonisches, Animalisches, die dunkle Seite des Unbewussten nahe.
(Florian Steininger)