Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

30. Juni 2022, 15:00 Uhr

2024

Marc Chagall*

(Witebsk 1889 - 1985 Saint-Paul de Vence)

„Fleurs et Femme en rêve“
wohl 1970er Jahre
Gouache, Farbkreide und Bleistift auf Papier auf Leinwand
44,6 x 42 cm
Signiert links unten: Marc / Chagall
Rückseitig altes Etikett mit Zertifikatsnummer 900.142 Comité Chagall

Provenienz

Sammlung Frank Morini, New York;
österreichischer Privatbesitz

Echtheitszertifikat Comité Marc Chagall, Nr. 900142, von Jean-Louis Prat unterzeichnet, Saint-Paul, 25. Oktober 1990, liegt bei (dort mit den Maßen: 43,5 x 42 cm):

"Je, soussigné, Jean-Louis Prat, agissant comme mandataire du Comité Marc Chagall, certifie que l'Oeuvre reproduite au verso 'Gouache de 43,5 x 42 cm, signée en bas à gauche' est une oeuvre authentique de Marc Chagall."

Schätzpreis: € 100.000 - 200.000
Ergebnis: € 430.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Der „Maler-Poet“ Marc Chagall gilt als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Wer kennt nicht seine fantasievollen Traumbilder, voll Farbigkeit und Leichtigkeit. Er hat sich in seinem Oeuvre eine ganz eigene Welt der Symbole geschaffen, die leicht über die Bildflächen schweben und sich zu wundervollen Erzählungen verdichten. Seine Wurzeln liegen in der russischen Volkskunst und der jüdischen Mythologie ebenso, wie er Prinzipien des Fauvismus und Kubismus, mit denen er ab 1910 in Paris in Berührung gekommen war, in seine Malerei einbaut und zu einer ganz eigenständigen, unverwechselbar surrealen Bildwelt verwebt: „Die Erde, die die Wurzeln meiner Kunst genährt hatte, war Witebsk; aber meine Kunst brauchte Paris so nötig wie ein Baum das Wasser.“ (Marc Chagall auf: https://artinwords.de/marc-chagall-lebenslauf-biografie/, zugegriffen am 20.5.2022) Er kombiniert in seinen Bildern seine außergewöhnliche poetische Begabung mit einem untrüglichen Gespür für Farben. Sie besitzen daher eine Intensität und Leuchtkraft, die ihresgleichen sucht.

In seinem späteren Werk werden die Kompositionen leichter und duftiger. In zarten Farben sind sie durchdrungen von einer unglaublich lyrischen Stimmung. Mit duftigen, vibrierenden Pinselstrichen hat Marc Chagall in „Fleurs et Femme en rêve“ ein beeindruckend überlebensgroßes Blumenbouquet festgehalten. Farbige Blüten, als Boten einer unendlich reichen Natur wachsen förmlich aus einer zarten Glasvase heraus, streben nach oben und haben keinerlei Respekt vor den Rändern der Leinwand, deren Grenzen sie lustvoll überschreiten und sich in einen imaginären Raum hinein weiter entfalten. Rechts davon eine Frau in einem roten Kleid. Sie hat die Augen geschlossen, ihr rechter Arm und ihre Hände scheinen sich von ihr losgelöst verselbständigt zu haben. Hier träumt eine der großen Lieben Marc Chagalls, entweder Bella, seine erste Frau und Jugendliebe, die 1944 viel zu früh in New York verstorben ist und auch später noch in seinen Bildern auftaucht, oder Vava, Valentina Brodsky, die Liebe seiner späteren Jahre, die den Künstler bis zu seinem Lebensende begleitet hat. Rechts über der Frau, wo die ungestümen Blüten noch ein wenig Raum freigelassen haben, flattert ein kleines weißes Vögelchen als Symbol der Liebe.

Alle Bildelemente sind gleichwertig, was schon durch den Bildtitel ausgedrückt wird – Frau und Blumen können träumen –, ergeben in Kombination ein dichtes, flirrendes Netz aus Farben und Linien und sind durchdrungen von einem unglaublichen Licht, das aus den intensiven Farbtönen und dem hellen Bildgrund herausströmt. „Die Farbe ist alles. Wenn die Farbe richtig ist, ist die Form richtig. Die Farbe ist alles, sie ist Schwingung wie Musik, alles ist Schwingung.“ (Marc Chagall auf: https://beruhmte-zitate.de/autoren/marc-chagall/, zugegriffen am 20.5.2022)
(Sophie Cieslar)