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Auktion: Antiquitäten

09. März 2022

Objektübersicht
Objekt

1001

Ägyptische Hockerstatue "Würfelhocker"

Ägypten, Ramessidenzeit (19./20. Dynastie, 1295–1069 v. Chr.)
Granodiorit; sichtbare Altersspuren an Stirn und Ellbogen; Fehlstelle am vorderen Teil der Basisplatte
H. 40,5 cm; 17,2 x 20 cm (Basis)

Provenienz

seit ca. 1900 im Besitz von Richard Knaur (1870 Mährisch-Ostrau-1938 Wien), Wien;
seither durch Erbnachfolge in Familienbesitz, Wien

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Auktion ist beendet.

Die aufgrund ihrer äußeren Form als Würfelhocker bezeichneten, fast ausschließlich männlichen Sitzstatuen folgen einem vom Mittleren Reich (2000 v. Chr.) bis in griechisch-römische Zeit belegten ägyptischen Statuentyp. Weit über 350 bekannte Beispiele verkörpern in stets variierender Ausgestaltung einen der ägyptischen Kunst innewohnenden Gestaltungswillen, der die menschliche Figur in eine würfelförmige, abstrakt wirkende Grundform einzuschreiben versucht.

Während Würfelhocker vor allem aus dem Mittleren Reich und wieder in der ägyptischen Spätzeit eine fast gänzlich in die stereometrische Würfelform eingepasste Darstellung zeigen, verkörpert die hier zu beschreibende Skulptur eine deutlich mit plastisch herausgearbeiteten Körperdetails versehene Sitzfigur.

Die Beine der auf einem runden Untersatz sitzenden Figur sind eng an den Körper herangezogen, die Arme ruhen verschränkt auf den Knien, der mit einer Löckchenperücke versehene Kopf erhebt sich mit geringem Halsansatz mit kurzem Bart über eine würfelförmige, aber plastisch ausmodellierte Körperstruktur. Die kräftig modellierten Augen stehen zu Seiten einer geraden, spitzen Nase, nur noch erahnbar ist das für diese Zeit typische Lächeln des schmalen Mundes.

Die beiden über den Knien verschränkten Arme halten in den Händen zwei typische ägyptische Symbole für Ewigkeit, Dauer und Fruchtbarkeit. In der linken Hand steckt der sogenannte DJED- Pfeiler, der auch als Rückgrat des Osiris gedeutet ein Symbol für Unendlichkeit und Dauer darstellt. In der rechten Hand ist eine Lattichpflanze eingefügt, die bei fast allen Würfelhockern dieser Zeit als Garantin der Fruchtbarkeit abgebildet ist.

Auf dem unterhalb der Arme leicht nach außen gewölbtem Schurz ist das Symbol der Göttin Hathor in Gestalt eines Sistrums reliefiert: Eingeschrieben in ein von strahlenförmigen Papyrusstauden gekennzeichnetes Papyrusdickicht erhebt sich auf einer Papyrusblüte das frontale Antlitz der mit Kuhohren versehenen Göttin Hathor, der Göttin der Liebe, der Musik und des Tanzes. Auf ihrer zu beiden Seiten des Gesichts herabschwingenden Strähnenperücke - man beachte die Kuhohren der oftmals in Kuhform dargestellten Göttin - sitzt ein kleiner Pavillon auf, der von zwei bogenförmigen Linien flankiert wird. Diese Einzelteile zusammengenommen ergeben die Darstellung eines Sistrums, des klassischen Musikinstruments der Hathor aus Haltestab (Papyrusblüte), dem Klangkörper in Form des Hathorgesichts und der Kapelle mit Rasselstäben.

Aufgrund dieser Darstellung ähnelt diese Skulptur auch dem häufigen Typ des Naophoren, bei dem der Sitzende vor sich einen kleinen Schrein hält, in dem ebenfalls die Hathor plastisch wiedergegeben ist.

Auf der Rückseite sind in einen obeliskenartig zugespitzten Rückenpfeiler der Name des Statueninhabers, seine Titel und Opfergebete eingeschrieben, allerdings stark verwittert.
Die meisten Statuen dieser Art waren ursprünglich wohl in Tempeln aufgestellt, sehr selten in Gräbern. Es ging den dargestellten Würdenträgern - meist hohe Beamte oder Priester - darum, zumindest in Statuenform stellvertretend am Tempelkult und den dort gesprochenen Gebeten und Prozessionen teilzuhaben.

Die Skulptur ist an einigen Stellen wie an der Stirn und an den Ellbogen leicht beschädigt, der vordere Teil der Basisplatte hat eine Fehlstelle, so dass die in Sandalen steckenden Füße nur zum Teil erhalten sind.
Dem hier gezeigten Würfelhocker sehr ähnlich, wenn auch kleiner und perfekt erhalten, ist die Hockerstatue des Hor im Louvre, ebenfalls ramessidisch.