Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

09. März 2022

0085

Sebastian Vrancx zugeschrieben

(Antwerpen 1573 - 1674 Antwerpen)

„Winter-Karneval mit Eisläufern vor der Kipdorppoort Bastion in Antwerpen“
um 1620
Öl auf Holz, parkettiert
74 x 117 cm

Provenienz

(laut Auskunft der Einbringer):
aus dem Besitz der Grafen Sandor von Szlavnicza;
Adalbert von Sandor von Szlavnicza (1889-1972), Oberregierungsrat und Rittmeister, Wien;
seither durch Erbschaft in Privatbesitz, Wien

Schätzpreis: € 100.000 - 200.000
Ergebnis: € 422.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Vor den Stadtmauern Antwerpens, nahe dem Kipdorppoort, ist eine große Menge an Personen unterschiedlichster Schichten dargestellt, welche sich auf dem zugefrorenen Stadtgraben tummeln. Derartige öffentliche Feste, Umzüge und Attraktionen waren in Antwerpen sehr beliebt und boten zugleich eine schier unerschöpfliche visuelle Inspirationsquelle für die lokalen Künstler. Minutiös sind die vielfarbigen Kleidungsstücke der Figuren dargestellt, welche die Szene variantenreich bevölkern: Im Vordergrund stechen besonders die elegant gewandeten Figuren in üppigen Kleidern und mit überbordenden Halskrausen hervor. Zwischen ihnen befinden sich Essensverkäufer, ein Jäger und am linken Bildrand gar eine Gruppe raufender junger Männer. Auf dem Stadtwall rechts, zum Teil sitzend, ist eine Gruppe geistlicher und anderer Würdenträger dargestellt, während auf dem Eis die unterschiedlichsten Spiele und Tänze zu erkennen sind. Die Blicke der damals Anwesenden – und des heutigen Betrachters – zieht jedoch besonders die in der rechten Bildhälfte positionierte „Commedia dell’Arte“-Truppe mit ihrer prunkvollen Maskerade auf sich.
Über die Stadtmauer hinweg ist auch die Architektur Antwerpens erkennbar: rechts erhebt sich monumental der quadratische Turm der nahen Sint-Jacobs-Kirche. Im 19. Jahrhundert wurden auch in Antwerpen die ursprünglichen Befestigungen und Gräben, so auch das Kipdorp-Tor und die gleichnamige Brücke (Kipdorppoort und Kipdorpbrug), zugunsten moderner Stadterweiterung abgerissen oder eingeebnet. Jedoch ist auf dem 1565 datierten Antwerpen-Plan von Virgilius Bononiensis noch heute der genaue Standpunkt des Malers auszumachen (Abb. 3).

Die vorliegende Komposition wurde traditionell mit Denijs van Alsloot in Verbindung gebracht, dem mehrere Versionen zugeschrieben wurden, darunter eine im Museo Nacional del Prado (Abb. 2: Öl auf Holz, 57 x 100 cm, Inv. Nr. P001346) und in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (Öl auf Holz, 54 x 80,5 cm, Inv. Nr. 189). In ihrer 2014 erschienen Monographie über Denijs van Alsloot wies Sabine van Sprang diese Zuschreibung jedoch zurück (vgl. Sabine van Sprang, Denijs van Alsloot, Peintre Paysagiste au service de la cour des Archducs Albert et Isabelle, Turnhout 2014, S. 355). In der aktuellen kunsthistorischen Forschung gilt Sebastian Vrancx als Schöpfer der Komposition. Im Jahr 2015 kam eine weitere, um 1618-1620 datierte Version in London zur Versteigerung (vgl. Christie’s London, 8. Dezember 2015, Lot 4, Sebastian Vrancx, Öl auf Holz, 69,8 x 109,5 cm)
Das vorliegende, bislang in Privatbesitz befindliche Gemälde steht den bekannten Kompositionen sehr nahe. Es deuten vor allem die abweichende Anordnung der Figuren des Vorder- und Mittelgrundes, sowie die variierenden Details in Gewändern und Physiognomie darauf hin, dass es sich hierbei wohl um eine bisher unbekannte, eigenständige Variation handelt. Des Weiteren ist dieses, aus dem Besitz Adalbert von Sandor von Szlavnicza stammende Gemälde die größte Fassung im Vergleich zu den oben genannten Werken.