Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

09. März 2022

3042

Max Weiler*

(Absam bei Hall i. Tirol 1910 - 2001 Wien)

„Schein des Baums“
1989
Eitempera auf Leinwand; ungerahmt
130 x 90 cm
Signiert und datiert rechts unten: Weiler 89
Rückseitig signiert, datiert und bezeichnet: Weiler 89, Schein des Baums

Provenienz

Sammlung Wieland Schmied

Literatur

Wieland Schmied. Max Weiler. Ein anderes Bild der Natur. Der Weg zum Spätwerk. Residenz Verlag, Salzburg 1998, Abb. S. 110;
Gottfried Boehm, Gerhard Roth, Weiler. Das Spätwerk 1973-1991, Prag 1991, Abb. S. 147.

Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
Ergebnis: € 138.050 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Nachdem Max Weiler im Jahr 1981 seine Professur an der Wiener Akademie niedergelegt hat, beginnt eine intensive Werkphase. Obwohl er bereits ein gewaltiges Oeuvre geschaffen hat, ist die Schaffenskraft des über 70-jährigen Künstlers ungebrochen: im Gegenteil - jugendlich, frisch und voll neuer Tatenkraft startet er noch einmal durch. Dabei kann er auf einen reichhaltigen Formenschatz zugreifen, den er mit beeindruckender Souveränität zu handhaben weiß. Leuchtende Farben in prächtiger Vielfalt erobern ab Mitte der 1980er Jahre die Leinwand. Die Strukturierung der Bilder wird Vorbildern aus der Natur überlassen, die Titel helfen bei der Lesbarkeit. So begegnen wir dem Berg, der Wolke, der Blume, dem Garten, dem Wald, dem Wind und immer wieder dem Baum. Vor allem 1988/89 entstehen Malereien mit Titeln wie „Goldener Baum“, „Farbenbaum“ oder „Mutter der Bäume“. Hier reiht sich auch vorliegender „Schein des Baumes“ ein. Der Baum gibt „den Bildern eine Struktur, die Oben mit Unten verbindet, aber auch die linke mit der rechten Seite. Der Baum ist ein exemplarisches Gewächs, an dem die vier Dimensionen des Kosmos sichtbar werden, in dem sie sich in den Richtungen der Bildfläche konkretisieren.“ (Gottfried Boehm, Der Maler Max Weiler. Das Geistige in der Natur, Wien 2001, S. 370) Er versinnbildlicht das Nach-Oben-Streben, aber auch das Trotzen gegen die Zeit und die Naturgewalten. Max Weiler identifiziert sich in seinen Tag- und Nachtheften aber auch immer wieder selbst mit diesem imposanten Gewächs. „Ich bin ein Baum, so wie die Eichen mit mächtigen tiefen Wurzeln, der lange wächst, bis er groß ist und Früchte bringt, und er alt wird.“ (Max Weiler, Tag- und Nachthefte, 1974)

In Weilers Komposition gibt es keine Perspektive, keine festgelegte Bildachse. Nah und Fern verschwimmen miteinander, das Auge des Betrachters wandert die vertikale Konfiguration farbiger Flecken und Formen ab. Es gibt keine Schatten und das Licht erfüllt die gesamte Bildfläche gleichermaßen, wobei es vor allem die Krone des Baumes selbst ist, die hier zum Teil in intensives Gelb getaucht, wie eine Sonne die obere Bildhälfte dominiert. Der Bildtitel „Schein des Baumes“ verweist hier gleichermaßen auf die strahlende Lebendigkeit dieses Gewächses, das von den Wurzeln über den Stamm bis in die Krone ausstrahlt, aber auch darauf, dass es sich hier um das äußere Bild eines Baumes, ein Sinnbild und kein Abbild handelt. Der Baum steht hier, wie schon in vielen alten Kulturen, als ein Symbol für die Synthese von Himmel und Erde, für die kosmische Ordnung. Als Axis Mundi (Weltachse) verbindet er mit seinen Wurzeln, die tief in die Erde reichen, die drei Ebenen Welt, Unterwelt und Himmelssphäre.

(Sophie Cieslar)