Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

09. März 2022

0294

Carl Spitzweg

(München 1808 - 1885 München)

„"Erfahrungen eines älteren Mannes" (vier Rundmedaillons)“
1837
Öl auf Metall; Öl auf Karton
je 8,9 cm
"Der Kranke und der Tod": monogrammiert und datiert rechts unten: S im Rhombus (18)37
Rückseitig auf drei Bildern Nachlass-Stempel: S im Rhombus Spitzweg

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers;
aus dem Besitz der Erben Spitzwegs;
Kunsthandel, Deutschland;
seit 1958 Privatsammlung, Deutschland

Ausstellung

1886 Berlin, Nationalgalerie, 23. Sonderausstellung, Nr. 26a "Der Witwer, Nr. 26b "Kranker und Tod", Nr. 26c "Der Sonderling, Nr. 26d "Nach dem Erwachen";
1887 Prag, Rudolfinum, Spitzweg-Ausstellung, Nr. 9a "Der Witwer", Nr. 9b "Kranker und Tod", Nr. 9c "Der Sonderling", Nr. 9d "Nach dem Erwachen";
wohl 1908 München, Kunstverein, "Gedächtnis-Ausstellung", Nr. 116 "Vier Medaillons in einem Rahmen"

Literatur

Hermann Uhde-Bernays, Spitzweg. Reime und Bilder, München 1915, Nr. 1 "Der Witwer";
Hermann Uhde-Bernays, Carl Spitzweg. Des Meisters Leben und Werk, 8. Auflage, München 1922, S. 32, SW-Abb. 24 "Der Witwer", SW-Abb. 25 "Mondscheinlektüre";
Fritz von Ostini, Aus Carl Spitzwegs Welt. Barmen 1924, S. 28 "Der Witwer";
Guenther Roennefahrt (Hg.), Carl Spitzweg. Beschreibendes Verzeichnis seiner Gemälde, Ölstudien und Aquarelle, München 1960, S. 229, Nr. 874 "Mondscheinlektüre" (SW-Abb.), S. 238, Nr. 941 "Der Witwer" (SW-Abb.), S. 299, Nr. 1453 "Nach dem Erwachen", S. 303, Nr. 1500 "Kranker und Tod", (keine Angaben zum Malgrund);
Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg und die französischen Illustrations-Zeichner in Frankreich, München 1976, Nr. 43 "Mondscheinlektüre" (SW-Abb.);
Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg. Der Arme Poet - ein Flohfänger, München 1982, S. 45 "Mondscheinlektüre" (SW-Abb.);
Siegfried Wichmann, Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke, Gemälde und Aquarelle, Stuttgart 2002, S. 293, WV-Nr. 585 "Erfahrungen eines älteren Mannes" (Farbabb.), S. 293, WV-Nr. 584 "Der Witwer" (Farbabb.), S. 155, WV-Nr. 162 "Mondschein-Lektüre" (Farbabb.), S. 156, WV-Nr. 168 "Frühmorgens" (Farbabb.), S. 157, WV-Nr. 173 "Der Kranke und der Tod" (Farbabb.), (falsche Angaben zum Malgrund: Holz statt Metall und Karton)

Schätzpreis: € 80.000 - 140.000
Ergebnis: € 115.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Siegfried Wichmann führt in seinem Spitzweg-Werkverzeichnis sowohl die Vierergruppe sowie jedes der vier Bildchen einzeln an. So werden die vier Medaillons des Zyklus „Erfahrungen eines älteren Mannes“ wie folgt bezeichnet: „Mondsüchtiger Zeitungsleser“, "Spätaufsteher", "Der Witwer, Mädchen nachblickend", "Besuch des Todes". Einzeln angeführt, tragen diese z.T. leicht abweichende Titel (siehe Literatur). Wichmann datiert die Bilder um 1845, jedoch ist bei der Abnahme des alten Firnis auf dem Werk "Der Kranke und der Tod" Spitzwegs S im Rhombus sowie die Jahreszahl (18)37 zum Vorschein gekommen. Wichmann weist darauf hin, dass der Ofen in diesem Bild mit jenem aus dem Gemälde "Der arme Poet" (WV-Nr. 126 und 127) vergleichbar ist. Datiert ist diese Arbeit, die sich in der Münchener Neuen Pinakothek befindet, mit 1839, dies kann wohl als zusätzlicher Beleg dafür gewertet werden, dass alle vier Medaillons in die späten 1830er Jahre zu datieren sind.

Die Rundmedaillons stammen aus dem Nachlass des Künstlers und waren, so vermutet Wichmann, ursprünglich wohl für eine Kassette oder einen Schreibschrank gedacht, und befanden sich in einem gemeinsamen Rahmen, welcher noch vorhanden ist. Erst in jüngster Zeit wurden die Arbeiten einzeln gerahmt.

Die Medaillons zeigen Spitzwegs typische Handschrift und weisen ihn einmal mehr als äußerst kritischen Beobachter seiner Zeit aus. Wie kein anderer verstand er es menschliche Schwächen durch leise Ironie zu entlarven. Mit schmunzelnd-distanziertem Blick spürte er der vielbeschworenen Idylle des deutschen Kleinbürgers nach und schuf Werke, die amüsieren ohne bloßzustellen. Sein subtil vorgetragener, liebenswürdiger Humor sicherte Spitzweg schon früh die Gunst des Publikums und brachte ihm bereits zu Lebzeiten Beachtung und Anerkennung. (MS)