Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

08. Juli 2021, 14:00 Uhr

2032

Oskar Laske*

(Czernowitz 1874 - 1951 Wien)

„Türken vor Wien“
1922
Tempera auf Leinwand
100 x 131 cm
Signiert und datiert rechts unten: O. Laske / 1922
Bezeichnet links unten: Op. XXIX sowie betitelt: Die Türken vor Wien 1529

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Ausstellung

1922 Wien, Frühjahrsausstellung Hagenbund;
1929 Nürnberg, Kollektivausstellung Secession

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 59.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Opus XXIX – nur Hauptwerke hat Oskar Laske so bezeichnet und nummeriert – zeigt Wien während der Ersten Türkenbelagerung. Sultan Süleyman I, „der Prächtige“, stand auf seinem Eroberungsfeldzug am 27. September 1529 mit 120.000 Mann vor Wien. Die Belagerung dauerte bis zum 14. Oktober. Begünstigt durch die Witterungsverhältnisse und den fehlenden Nachschub für die Belagerer konnten die wehrhaften Wiener die Türken in die Flucht schlagen. Wien war gerettet.

Vier Jahre nach dem Ende des 1. Weltkrieges gemalt, mag Oskar Laske vielleicht auch deshalb dieses Sujet für sein großes Leinwandbild gewählt haben. In jedem Fall kommt die Thematik seiner Vorliebe für detailreiche Figurenszenen entgegen. Die bunten Farben lassen auf den ersten Blick an ein fröhliches Geschehen denken, erst bei näherer Betrachtung offenbaren sich die Schrecken des Krieges. Die grausamen Muselmanen haben Frauen entführt und morden Kinder. In ihrer bunten Zeltstadt feiern sie mit nackten Mädchen, die sie als Sklavinnen für den heimatlichen Harem geraubt haben. Kreisförmig schließt sich der Ring um die belagerte Stadt. Rechts die Kamel-Kavallerie stramm in Reih und Glied, aufgereiht wie eine Perlenschnur. Links die Kanonenschützen, die unablässig auf Wien feuern. Mit schwimmenden Brücken überqueren die Türken den Donaukanal und suchen die Stadtmauern zu erstürmen. Die Vorstädte brennen, eine dunkle Wolke hat sich zusammengebraut, aus der Lichtstrahlen auf den Stephansdom fallen, der übertrieben groß aus der Stadtsilhouette herausragt. Ein Zeichen, dass ein fester Glaube hilft, das Böse abzuhalten. Und die Wiener haben auch nicht den Glauben an einen Sieg verloren und so stoßen die Osmanen auf heftige Gegenwehr. Die schwimmende Brücke ist in Brand gesteckt, vorne rechts werden mehrere Reiter auf ihren stolzen Rossen durch den Einschlag einer Kanonenkugel durch die Luft gewirbelt. An der Stadtmauer gleich neben dem Salztor, hinter dem man den Turm von Maria am Gestade sieht, werden die Türken in einem heftigen Gefecht zurückgedrängt. Es ist beeindruckend, wie viele Erzählstränge Oskar Laske hier in einem Bild gekonnt miteinander verbindet. Durch die Überschneidungen am vorderen Bildrand, wo uns Fratzen der Aggressoren bedrohlich nahe rücken, werden wir unmittelbar ins Bildgeschehen hineingezogen und können unseren Blick dann in Vogelperspektive bis über Wien hinaus in die in Blautönen gehaltene Ferne gleiten lassen. Hier macht sich Laske ein Kompositionsprinzip zunutze, das seit der Malerei der Renaissance und auch in den Bildern der Donauschule im österreichischen Raum verwendet wurde. Warme, gelbhaltige Farben treten optisch in den Vordergrund, kalte, blauhaltige Töne erscheinen uns weiter entfernt. Diese Farbperspektive verstärkt die Tiefenwirkung des Bildes.

Die Komposition Oskar Laskes weist verblüffende Parallelen zu einem populären Kupferstich auf, der die Zweite Türkenbelagerung Wiens zeigt. Auch hier sieht man ein ringförmig um die Stadt angeordnetes Kampfgeschehen und über das Lager der Osmanen hinweg in Vogelperspektive auf die belagerte Stadt. Allerdings blicken wir im Stich vom Süden auf Wien mit dem Leopoldsberg links im Bild, der während der Zweiten Belagerung als Ausgangspunkt der zur Hilfe eilenden Verstärkung eine wesentliche, schlachtentscheidende Rolle spielte. Oskar Laske hat hier zwar kompositionelle Anleihen genommen, sein großes Leinwandbild ist aber unverkennbar in seiner Lebendigkeit und zeigt einmal mehr Laskes Meisterschaft als Kolorist und Erzähler.
(Sophie Cieslar)