Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

04. Dezember 2019, 16:00 Uhr

0719

Hans Staudacher*

(St. Urban 1923 - 2021 Wien)

„o.T.“
1958
Öl auf Jute; gerahmt
160 x 185 cm
Signiert unten mittig: H. Staudacher
Datiert oben links: 1958

Provenienz

2011 Galerie Hilger, Wien;
seither Privatbesitz, Wien

Literatur

Ausstellungskatalog Galerie Ernst Hilger, Hans Staudacher, Arbeiten 1957 - 1986, Wien 2011, Abb. S. 35

Schätzpreis: € 25.000 - 45.000
Meistbot: € 21.000
Auktion ist beendet.

„abstrakte Kunst ist handschrift, farbe, tanz, spiel, zeichen, einfall, rede, wort, überfluß, bewegung, geschwindigkeit...“ (Hans Staudacher, Manifest 1960, in: Isabelle und Friedrich-Wihlem Goebel (Hg.), Staudacher, München 2000, S. 26.

In seinem Manifest von 1960 formuliert Hans Staudacher treffend die Grundprinzipien seiner Malerei. Bei mehreren Parisaufenthalten setzt er sich intensiv mit dem französischen Informel auseinander und entwickelt eine spontane, spannungsgeladene Aktionsmalerei, die eng verbunden ist mit einem Hang zur Poesie. So spielen neben dem malerischen Automatismus der Lettrismus – das Einfügen von Worten und Zeichen in seinen Bildern – und der skripturale Gestus eine wesentliche Rolle.

Die Kunst Hans Staudachers ist spontan, es ist die Sprache eines Autodidakten (Staudacher hat nie die Akademie besucht), eines Künstlers, der ganz unverfälscht und leidenschaftlich seine Empfindungen auf die Leinwand projiziert. Dabei zeigt er stets ein unglaubliches Gefühl für Rhythmus, für trotz aller Impulsivität ausgewogene Kompositionen, für eine Balance zwischen Intellekt und Emotion. Malt er bis knapp vor 1950 noch expressiv gegenständlich, so gewinnt seine Malerei im Laufe der 1950er Jahre an Freiheit und Spontaneität. In der österreichischen Kunstlandschaft nimmt er als vielgeschätzter Vertreter des Informel eine wichtige Rolle ein und wird von Josef Hoffmann, der in diesem Jahr das letzte Mal als Kommissär fungiert, 1956 als einer der Vertreter Österreichs zur 28. Biennale di Venezia eingeladen.

Pfeile weisen Richtungen, ein wenig Schwarz beginnt von rechts unten kommend erst in kompakten runden Farbformen und dann in immer wilder werdenden Zeichen die ungrundierte Jute zu erobern. Dann kommt das Weiß, das sich in spontan gesetzten Wirbeln, Kreiseln und Knäuel darüberlegt. Die an den unteren Bildrand gesetzte Signatur wird Bestandteil des spontanen Gestus. So irritierend die Geradlinigkeit und klare Lesebarkeit der Pfeile im Gegensatz zur spontanen Geste und transitorischen Beweglichkeit anmutet, so scheint auch die Datierung links im Bild ein Versuch, die ausufernden Emotionen im Hier und Jetzt zu verankern. Schon frühe gestische Kompositionen wie Vorliegende bestechen durch ihren „lyrisch-musikalischen Beziehungsreichtum“. Es gelingt Hans Staudacher „eine Unmenge kompositioneller Abhängigkeiten, Verflechtungen und bildnerischer Dialogsituationen“ (Hans Staudacher – Prinzip Informel, Ausstellungskatalog, Neue Galerie der Stadt Linz, Linz 2001, S. 9) zu schaffen, deren Intensität man sich kaum entziehen kann. (Sophie Cieslar)