Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

22. Oktober 2019, 14:00 Uhr

0003

„Anna Selbdritt“
um 1520
Öl auf Holz, parkettiert
110,5 x 74 cm
Rückseitig ein Wachssiegel

Provenienz

Wiener Privatbesitz

Wir danken Dr. Christof Metzger, Albertina, Wien, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des Gemäldes.
Naturwissenschaftlicher Untersuchungsbericht von Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Manfred Schreiner, Wien, Juli 2019, liegt bei.

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 38.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Die vorliegende Tafel ist ein besonders prächtiges Werk der Süddeutschen Kunst des 16. Jahrhunderts. Sie zeigt auf eindrucksvolle Weise den Übergang von Gotik und Renaissance, sowie die gekonnte Verbindung von Malerei und Ornamentkunst.
Die aufwendig verspielten und dreidimensional ausgearbeiteten Ornamente haben ihren Ursprung in wiederentdeckten antiken Fresken und fanden vor allem in der Buch- und Druckkunst ihre Verbreitung. Allen voran sei hier beispielsweise Daniel Hopfer (1470-1536) genannt. Der in Augsburg ansässige Waffenätzer, Radierer und Holzschneider gilt heute als der technische Erfinder der Ätzradierung. Stilistisch liegt Daniel Hopfers Vermächtnis darin, dass er in seinen Ornamenten gotische Elemente mit italienischen Renaissancevorlagen verband und damit wesentlich zur Verbreitung der Renaissance in Deutschland beitrug. Hiervon zeugt die Rahmung der vorliegenden Tafel und steht beispielsweise der Bogenrahmung in Daniel Hopfers Radierung „Christus und die Ehebrecherin“ nahe (vgl. Christof Metzger, Daniel Hopfer. Ein Augsburger Meister der Renaissance. Eisenradierungen, Holzschnitte, Zeichnungen, Waffenätzungen (zugleich Ausstellungskatalog München). München/Berlin 2009 , S. 333, Abb. 15).
Dass gerade Augsburg ein Hauptzentrum in dieser Entwicklung war verwundert historisch kaum. Denn die aufstrebende Handelsstadt mit ihren vermögenden Bürgersfamilien, wie die der Fugger und Welser, pflegte enge Beziehungen zu Italien. Nicht nur Kaiser Maximilian I. selbst war häufig anwesend, sondern es zog auch zahlreiche Künstler und Gelehrte aus dem Um- und Ausland in diese süddeutsche Metropole des 16. Jahrhunderts.
Die Verwendung des in Gold ausgeführten Ornaments in Kombination mit religiöser Tafelmalerei findet sich ebenfalls in der von Jörg Greimolt geschaffenen „Thronenden Madonna“ (Stadtmuseum Weilheim). Von dem im bayerischen Weilheim tätigen Künstler ist bekannt, dass er von Daniel Hopfer geschaffene Vorlagen verwendete. In Augsburg selbst zeugt das für die Kirche St. Jakob um 1520-30 entstandene Altarbild der „Mariä Verkündigung“ vom üppigen Gebrauch antikisierender perspektivischer Ornamente in der Raumdekoration. Auch Hans Holbeins d. Ä. (um 1465-1524) „Anna Selbdritt“ für den Augsburger Katharinenaltar (1512, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Staatsgalerie in der Katharinenkirche Augsburg) wird von güldenen Putti und verspieltem Rankenornament überfangen.